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Die internationale Kulturplattform

Christina SCHEPPELMANN, Direktorin des Royal Opera House Muscat

Muscat: „ROYAL OPERA HOUSE“

Portrait + Direktions-Interview

 Nach Kairo und Beirut öffnete im Jahre 2011 das Royal Opera House Muscat als drittes Opernhaus der arabischen Welt seine Pforten und ist gleichzeitig das erste Opernhaus seiner Art am Arabischen Golf.  Seitdem gastieren während der Spielzeiten von September-Juni internationale Solisten, Ensembles, Orchester und Opernhäuser.

 Der Bau wurde 2001 von Sultan Qaboos Bin Said durch ein königliches Dekret beschlossen, mit dem Ziel, den internationalen Kulturaustausch über die Musik zu fördern und zu unterstützen. Nach einem Wettbewerb im Jahre 2003 ging das Architekturbüro Wimberley Allison Tong and Co (WATG) als Sieger hervor. Der Komplex orientiert sich am omanischen Baustil und wurde auf einem 80 ha großen Gelände incl. eines großzügigen Landschaftsgartens erstellt.

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Außenansicht des Royal Opera House Muscat. Foto-Copyright: KHALID AL BUSAIDI

 Die Arkaden beherbergen Designer-Geschäfte sowie Restaurants der Luxusklasse, ein Kulturzentrum sowie eine Kleinkunstbühne. Im Interieur dieser mustergültigen, geschmackvollen Gesamtoptik wurden die Außen- und Innenplätze mit kostbaren Marmorböden versehen. Die Innenräume wurden zudem großzügig mit wertvollen Holzvertäfelungen (Anleihen aus den historischen Burgen des Landes), orientalischen Leuchtern entlang der grandiosen Kassettendecke ausgestattet, somit ergibt sich in Verbindung mit dem Marmor eine Optik von unaufdringlicher Eleganz. Die Foyers in ihrer Prachtentfaltung  verschlagen dem Betrachter den Atem. Der Zuschauerraum mit insgesamt 1100 Plätzen und zwei Rängen wurde mit kostbaren Holz- und Goldverzierungen versehen und harmoniert bestens mit den dunkelroten Sitzplätzen.

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Foyer. Copyright: KHALID AL BUSAIDI

 Dieser Traum aus 1001 Nacht verfügt zudem über technische Ausstattungen welche selbst europäische Dimensionen sprengen. Aus dem typischen Hufeisen-Forum mit Proszenium, Graben und Vorhang werden durch ein frappierend durchdachtes Hydraulik-System Elemente verschoben, die von der Decke hängenden Akustikpanele entsprechend neu ausrichtet, Logen begradigt, die Konzertmuschel mit der eingebauten Orgel, drei Wände inkl. der Decke nach vorn gefahren, so dass sich das komplette System nahtlos an den Saal anschließt.  Somit wird das Opernhaus in einen Konzertsaal verwandelt und so nebenbei 730 Tonnen Materie um 20 Meter bewegt.

 Die Orgel ist der Zentralteil der Konzertmuschel. Den hinteren Abschluss der Bühne bildet die Orgel im reich verzierten Holzgehäuse, gebaut von der deutschen Firma Klais aus Bonn einem instrumentalen Wunderwerk der Superlative mit 4542 Pfeifen. Die grandiose Akustik des Hauses spricht natürlich für sich! Gewiss ließe sich noch detaillierter über meine optischen wie akustischen Wahrnehmungen seitenweise berichten, doch würden diese Ausführungen die Platzvorgaben des Merkers erheblich sprengen.

 Die  bequemen Sitze gewährleisten einen angenehmen Aufenthalt,  rückseitige Monitoren laden zum Mitlesen des Textes ein, wählbar in der jeweiligen Opern-Original-Sprache sowie in arabischen und englischen Lettern. Selbstredend die Vollklimatisierung aller Bereiche gewährleisten bei Außentemperaturen von über 40 Grad einen angenehmen Aufenthalt. Nach der elektronischen Sicherheitskontrolle am Eingang, bietet das Haus dem omanischen und internationalen Publikum genussreiche Stunden für alle Sinne.

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Innenraum. Copyright: KHALID AL BUSAIDI

 Vor der letzten Gastspiel-Aufführung „Macbeth“ des Teatro Verdi Trieste gewährte mir/uns die charmante deutsche Direktorin und gebürtige Hamburgerin Frau Christina Scheppelmann ein  Interview in lockerer Atmosphäre.

 Liebenswürdig völlig unkonventionell plauderte Frau Scheppelmann drauflos und beantwortete bereits im Vorfeld ungestellte Fragen. Im Hinblick auf die Übernahme des Liceu Barcelona in wenigen Monaten (Information-Quellen aus dem Internet) wäre die versierte Direktorin noch gerne 1-2 Jahre im Oman geblieben, fügte jedoch hinzu, dass  man kann sich das Timing des beruflichen Wechsels  und Angebotes  nicht immer aussuchen kann. Die Entscheidung fiel ihr schwer, doch nun folgte sie dem elitären wiederholten Ruf nach Spanien. Sie kenne bereits die neue Wirkungsstätte als Assistentin vor 17 Jahren zudem wohnen im Umfeld  Verwandte und Freunde.

 Doch rückwirkend was bewog Sie 2011 die Direktion am ROHM  zu übernehmen?

 Als gelernte Bankkauffrau hatte ich Hamburg aus Liebe zur Musik bald verlassen, arbeitete in diesem Metier in Mailand, Venedig, Barcelona, San Francisco und Washington. Nun reizten mich das Neue, andere Kulturen, völlig neue Situationen und Aufgaben. Es waren bisher zwei reizvolle Jahre im Oman und ich kann ohne Schulterklopfen bemerken, Einiges in die Gänge gebracht zu haben und habe des trotz noch verbesserungswürdigen Potenzials, hier am Hause viel bewegt. Es machte mir unheimlich viel Spaß dieses Theater  in seiner Entwicklung aufzubauen, im Hinblick auf die neuen künstlerischen Perspektiven welche sich unter völlig neuen Dimensionen eröffneten.

Natürlich gab und gibt es wie überall Probleme in bürokratischer Hinsicht, des Ablaufs, auch der Gewohnheiten bedingt durch die Mentalität – doch diese währen ein Leben lang auch sonst wo.

 Gab es für Sie Probleme als Frau in einem islamisch geprägten Land?

 Die Antwort klar und entschieden „Nein“! Die Frauen hier im Oman sind sehr präsent, üben Berufe aus und bekleiden selbst Ämter in Ministerien und Ministerpositionen. Es bedarf natürlich eines persönlichen individuellen Instinkts in der Begegnung mit männlichen Partnern im Geschäftsleben einer gewissen Zurückhaltung, es ist für einige Männer unüblich einer  Frau außerhalb des Familienkreises die Hand zum Gruß zu schütteln, eine Handlungsweise die mit persönlichem Respekt zu tun hat,  diese „intime“ Geste bleibt lediglich dem familiären Bereich vorbehalten. Verschleiert sich eine Frau, tut sie dies im eigenen Ermessen und aus kulturellen und religiösen Gründen, Pflicht ist die Vollverschleierung im Oman und vielen Ländern in jedem Fall nicht.

In administrativen Bereichen gibt es mit einheimischen Mitarbeitern keinerlei Probleme zudem  ich als engagierte Intendantin  sehr pragmatisch bin und strategisch Neuerungen nur langsam vorantreibe. Man muss Feingefühl haben und bereit sein zuerst zu lernen anstatt zu glauben, man hätte hier etwas zu lehren.

 

Was war Ihr aufregendstes künstlerisches Erlebnis am ROHM?

 Da gab es sehr viele,  das Spiel-Repertoire umfasst ja auch ein breitgefächertes Spektrum wie Ballett, Sänger und Ensembles des arabisch-asiatischen auch europäischen Bereiches, Worldmusic, Arien- und Symphonie-Konzerte. Ich erlebte schon Jazz-Abende bei welchen das Publikum welches breitgefächert aus Omanis, Besuchern der Nachbarstaaten, Diplomaten, Geschäftsleuten besteht, vor Begeisterung auf den Stühlen stand! Die Menschen hier sind allem Neuem spontan aufgeschlossen, saugen  die Vielfalt des Angebots regelrecht mit Enthusiasmus auf und unterscheiden fachkundig sehr wohl zwischen guter Musik aller Genres. Mich persönlich interessiert Musik generell, liebe Jazz sowieso, wir in der westlichen Welt tendieren leider dazu viele Bereiche fremder Kulturen zu ignorieren. Hier am Hause hatte ich die Möglichkeit grandiose Stars der arabischen Welt zu erleben, den eigenen Horizont zu erweitern, hatte dabei richtig Spaß und große Freude.

Wie bewerben sich Künstler, Opernhäuser etc. für Gastspiele am ROHM?

 Über den formalen Weg über mich, durch Direktkontakt oder Agenten, als Kennerin der Musikszene seit über drei Jahrzehnten bedarf es natürlich gewisser Voraussetzungen. Eine Inszenierung bedarf schon ästhetischer  Regeln, den textlichen Inhalt sollte man erkennen und den moralischen Vorstellungen der Zuschauer entsprechen. Modernes Regietheater hier umzusetzen wäre völlig unmöglich, doch nicht nur aus ästhetischen Gründen, sondern auch weil dafür der kulturelle Background fehlt.  Für Recitals benötigen Künstler ein Orchester, Dirigenten oder Pianisten und dies wird als Gastorchester eingeflogen. Das vor 24 Jahren von seiner Majestät Qaboos Bin Said gegründete Muscat Symphony Orchestra steht bei staatlichen oder repräsentativen  Empfängen etc. zur Verfügung und 2-4 paar Mal im Jahr spielt es dann auch bei ROHM.

 Chr. Scheppelmann
Christina Scheppelmann an ihrem Arbeitstisch. Copyright: Gerhard Hoffmann

 Haben Sie Frau Scheppelmann Probleme finanzieller Art wie Kollegen der westlichen Welt?

 „Nein“!  Subventionsprobleme gibt es so gut wie keine, seine Majestät Sultan Qaboos ist der Staat und finanziert das Opernhaus! Stellt die benötigten Gelder optimal zur Verfügung, jedoch nicht unbegrenzt – alles muss detailliert und genau abgerechnet werden. Die Höhe des Etats blieb unbeantwortet. Gastspiele ausländischer Ensembles, Künstlergagen, personelle Flüge, Hotel-Aufenthalte, Kulissentransporte (meist per Schiff  jeweils 6 Wochen unterwegs) werden entsprechend in diesem Rahmen finanziert, was aber keineswegs bedeuten soll, dass der Geldhahn unerschöpflich fließt oder Gagen hier doppelt oder dreifach sind!

 Zum Finale verlor das Interview an formellem Charakter, nahm private Züge an, im gegenseitigen  Austausch der landestypischen Erlebnisse (seit 17 Jahren) und der gemeinsamen Liebe zu diesem phantastischen Land und man hätte das Gespräch noch stundenlang vertiefen können. Doch die Zeit …

 Die guten Wünsche des Merker zur neuen Tätigkeit am Liceu Barcelona bildeten den Abschluss des Gesprächs. Frau Scheppelmann ließ es sich nicht nehmen uns durch die Gänge, vorbei an den Kulissen-Containern im Hof zum überwältigenden Entree des Opernhauses zu geleiten.

 Für den netten Empfang, das liebenswürdige Gespräch sowie den erlebnisreichen Abend im Royal Opera House  nochmals ganz herzlichen Dank.

 Gerhard Hoffmann

 

 

 

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