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CHEMNITZ: TANNHÄUSER & PARSIFAL

10.06.2013 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Chemnitz: „TANNHÄUSER“ 30.05.2013

Ins Opernhaus Chemnitz zu pilgern wird immer wieder zum besonderen Erlebnis, so durfte man während eines Minifestivals gleich drei Opern von Richard Wagner genießen und zudem noch Giacomo Meyerbeers Urfassung „Vasco de Gama“ und als krönender Abschluss folgte noch „Tristan und Isolde“ (Bericht von Ingo Tautz). Lobens- und bewundernswert mit welcher Selbstverständlichkeit dieses Theater vier anspruchsvolle Werke in Folge serviert, sängerisch ausgezeichnet besetzt, meine Hochachtung gilt vor allem dem Chemnitzer Opernchor sowie der Robert-Schumann-Philharmonie – Bravo!

Unter der umsichtigen Leitung des GMD Frank Beermann musizierte das vortrefflich disponierte Orchester kraftvoll, spannungsreich, klangschön, ganz auf ausbalancierter Linie, in ausgezeichneter Sängerbegleitung, dass es eine wahre Freude war zu lauschen.

Jon Ketilsen sang den Titelhelden mit zwar beachtlichem Tenormaterial, doch schien mir kam die Partie zu früh, trotz guter vokaler Ansätze fehlt es ihm noch an Charisma sowie an emotionaler Gestaltung, der Sänger muss noch reifen, an seinen Höhen arbeiten und dennoch konnte Ketilson mit einer packenden Romerzählung überzeugen. Nun schätze ich Astrid Weber sehr, doch wage ich den Einspruch, dass ihr mächtiger, expansiver, klangvoller Sopran der Venus/Elisabeth bereits entwachsen ist. Das Sinnliche, erotische Timbre von einigen berückenden Momenten abgesehen ging der Liebesgöttin abhanden, jedoch voll überzeugend in hinreißender Optik. Merklich zügelte die Sängerin ihr kultiviert, spannungsreich eingesetzes Material und krönte die Doppel-Interpretation mit einem verinnerlichten Gebet.

Auch Heiko Trinsinger nahm sein Baritonpotenzial merklich zurück, gestaltete in subtil, nuanciertem Vortrag den Wolfram und ganz besonders innig und emotional das Lied an den Abendstern. Mit knorrig klingendem Bass gestaltete Kouta Räsänen ohne voluminösen Durchschlag den Landgrafen. Wunderschön mit strahlend hellem Sopran erklang Jana Büchner im Kurzauftritt des Hirten, tenoral bestens phrasiert vernahm man den Walther (Edward Randall), rollendeckend gestalteten André Riemer (Heinrich), Matthias Winter (Biterolf), Martin Gäbler (Reinmar) sowie die Edelknaben Vanessa Kirsch, Helen Rottluff, Tina Schneidereit, Julia Stirn ihre Parts. Vortrefflich in bester Brisanz ausgewogen sang der Opernchor. Mit lauten Bravos und langanhaltendem Applaus huldigte das Publikum allen Beteiligten.

„PARSIFAL“ 01.06.2013

Als Kooperation mit Darmstadt hatte nun der „Parsifal“ in der Regie von Marcelo Buscaino seine Premiere. Die Qualitäten dieser sehenwerten Inszenierung wurden bereits im Merker 09/2009 ausführlich gewürdigt. Im Grunde bewundere ich GMD Frank Beermann sehr, doch fand ich sein Dirigat am Premierenabend etwas ungewohnt, die Tempi wirkten auf mich zu breit, die Gesamtkonzeption unsicher, weniger transparent, die voluminösen Steigerungen zu vordergründig oder lag es am steten Bemühen der Sängerfreundlichkeit? Dennoch musizierte das wunderbare Orchester bereits nach diesem Marathon ungewöhnlich präzise und kultiviert. Sehr beachtlich sang Mati Turi den Parsifal, beeindruckte mit tenoralen Qualitäten, bestem Durchhaltevermögen, setzte satte Höhen in sicherer Tongebung, samtig klang der Mittelbereich seines schönen nicht besonders kräftigen Materials und fand zudem zu einer glaubwürdigen, berührenden Rollengestaltung. In variabler Expressivität sang Susanne Schimmack eine gesangstechnisch ausgezeichnete Kundry, ihr Mezzo überzeugte gleichwohl mit warmem, lockendem Verführungston wie in dramatischen Ausbrüchen der Höllenrose. Bravourös steigerte sich Heiko Trinsinger in die Leiden des Amfortas, sein muskulär, bestens disponierter Bariton charakterisierte vortrefflich den ehemals so starken und nun vollauf leidenden Gralskönig, mit sehr differenziert eingesetzten Mitteln. Großartig interpretierte Sami Luttinen den darstellerisch sehr intensiven Gurnemanz und setzte seinen bestens fundierten Bass mit dem schier unendlich, wohlklingenden Potenzial sehr variabel und bestens artikuliert ein. Weniger gehaltvoll absolvierte Hannu Niemelä den Klingsor, Thomas Mäthger schenkte dem Titurel machtvolle Töne, strömend erklang die Stimme aus der Höhe sowie als 2. Knappe (Kathleen Glose). Klangvoll setzten die Blumenmädchen Guibee Yang, Johanna Stojkovic, Kathleen Glose, Sarah Yorke, Susanne Thielemann (1. Knappe), Monica Brett-Crowther ihre vergeblichen, vokalen Verführungskünste ein. Bestens formierten sich restlichen Knappen André Riemer, Tommaso Randazzo sowie die Gralsritter Edward Randall, Martin Gägler im Ensemble. Besonderes Lob wiederum dem klangvollen von Simon Zimmermann bestens vorbereiteten Opernchor. Beifallsstürme belohnten alle Beteiligten.

Gerhard Hoffmann

 

 

 

 

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