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BONN: NORMA- Umstrittene Premiere

29.10.2012 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

BONN: NORMA Premiere am 28. Oktober 2012


Persiflage? Foto: Thilo Beu

 Die Bonner Neuinszenierung von „Norma“ wurde mit Bravos (vor allem für die Titelrollensängerin Miriam Clark) und Schmähungen eingedeckt. Was hatte man erwartet? Ein unverbindliches, von noblen Dreiklangsbrechungen durchzogenes Belcanto-Werk, ohne dramatisch verbindlichen Impetus? Nicht bei Florian Lutz. „Norma“ verortet der Regisseur einerseits bei Asterix und Obelix, andererseits im Theatermilieu mit all seinen Affären. Zunächst jedoch erlebt man eine Verteidigung des gefährdeten Bonner Theaters: wie gut doch das Haus sei, wie anrüchig die indolent denkenden, aber für’s Geld verantwortlichen Politiker. Bonn braucht (wie andere Städte auch) Theater, braucht Oper. Aber sicher nicht so, wie man „Norma“ über weite Strecken als Laienveranstaltung offeriert. Allerdings darf davon ausgegangen werden, dass der Regisseur hier Persiflage im Sinn hat. Seine theaterinterne Lesart endet in einem Kampf der Primadonnen Sopran/Mezzo. Die Partien der Norma geht sogar auf Adalgisa über (Nadja Stefanoff hätte in vieler Hinsicht das Potential hierfür). Das Finale bemüht dann aber doch – wenn auch verfremdet – das Original, durchlodert es mit „Elektra“-Psychologie. Norma schüttet aus einem Garderobekoffer die Leichen ihrer Kinder vor der sensationslüsternen Masse aus, lacht sich hysterisch in Verzweiflung hinein. Miriam Clark macht das so großartig, wie sie ihre Partie auch mit Belcanto-Ebenmaß ausstattet.

Diesen Schluss hätte man gerne mit einer klaren psychologischen Entwicklung angesteuert gesehen. Lutz aber springt ständig von einem Ast der intellektuellen Inspiration auf den nächsten. Interpretatorisch schwankt er zwischen Gipfeln und Wipfeln und verstimmt damit. Zuzugeben ist freilich, dass seine widerborstige Inszenierung interpretatorisches Zündpulver streut. Und wie erwähnt: die Bonner haben auf das komplexe Angebot komplex reagiert.


George Onianis, Miriam Clark. Foto: Thilo Beu

George Onianis tenorprunkender Pollione, der basssaftige Oroveso von Ramaz Chikviladze, der Bonner Opernchor und das unter dem vitalen, aber wieder einmal reichlich temposchwankenden Robin Engelen aufspielende Beethoven Orchester sind zur Haben-Seite der Aufführung zu rechnen. Daniela Denschlag ist Clotilde, Tamás Tarjányi Flavio. Den textbedingten Eingriffen in die Partitur ist übrigens das „Mira, o Norma“ zum Opfer gefallen. Mal sehen, wer sich darüber noch beschwert.

 Christoph Zimmermann

 

 

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