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BERLIN/Schillertheater/Werkstatt: VERTRAUENSSACHE von Ernst Krenek

28.09.2013 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

 Opernrarität in Berlin: „Vertrauenssache“ von Ernst Krenek (Vorstellung: 28. 9. 2013)

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Maria Hilmes (rechts), Kim Schrader und Narine Yeghiyan in Kreneks Kammeroper „Vertrauenssache“ (Foto: Stephanie Lehmann)

 Die Berliner Staatsoper im Schiller-Theater zeigt in der Werkstatt immer wieder echte Opernraritäten. Diesmal steht die knapp einstündige Kammeroper „Vertrauenssache“ des österreichischen Komponisten Ernst Krenek auf dem Spielplan, die er 1945 im Auftrag der Metropolitan Opera New York unter dem Titel „What Price Confidence?“ komponierte. Sie war für eine Gastspielreise geplant und sollte deshalb nur ein kleines Sängerensemble und ein Klavier, aber kein Orchester haben. Da es allerdings aus nicht nachvollziehbaren Gründen zu keiner Aufführung kam, wurde die Oper erst 1962 in Saarbrücken in deutscher Sprache unter dem Titel „Vertrauenssache“ uraufgeführt. Es war Kreneks zweiter Versuch, eine spezifisch amerikanische Oper zu schreiben.

 Der Inhalt der kleinen Gesellschaftskomödie um Treue und Untreue, deren Libretto der Komponist selbst verfasste und die in London zu Beginn des 20. Jahrhunderts spielt, in Kurzfassung: Gloria wirft ihrem Mann Edwin seine misstrauische Natur und sein mangelndes Selbstvertrauen vor. Edwin verspricht seiner Frau, der nächsten ihm begegnenden Person sein Vertrauen zu schenken. Zur gleichen Zeit leidet Richard darunter, dass seine Gattin Vivian überhaupt nicht eifersüchtig ist. Es entwickelt sich eine turbulente Handlung, in der es um Spielschulden, Juwelen, ungedeckte Schecks und nichtausgeführte Selbstmorde geht – unter dem Motto „Nichts ist so teuer wie Vertrauen!“ Die Kammeroper endet mit den Worten: „Ja, doch wer zahlt den Preis?“

 Regisseur Nico Çelik inszenierte die Kammeroper in neun Szenen sehr schwungvoll, allerdings waren einige seiner Gags für das Publikum nur schwer nachvollziehbar. Quasi als Vorspiel lässt er die vier Personen, die im Lauf der Handlung Partnertausch praktizieren, aus einem hinteren Raum der Bühne ziemlich angeheitert von einem Fest kommen, auf das sie am Ende wieder zurückkehren. Bildnishaft für den Kreis des Lebens?

 Für die Ausstattung der Produktion zeichnete Stephan von Wedel verantwortlich. Er verwandelte den Boden in einen steinigen Trümmerhaufen, zu dem die bloßfüßig agierenden Darsteller anfangs erst „Vertrauen“ finden mussten. Ansonsten blieb die Bühne außer dem Klavier leer. Die festlich wirkenden Kostüme waren der heutigen Zeit angepasst. Für einige stimmungsvolle Lichteffekte sorgten Olaf Treese und Irene Selka.

 Die oftmals parodistisch-sentimental klingende Zwölftonmusik, von Günther Albers auf dem Klavier mit Einfühlungsvermögen und großer Virtuosität dargebracht, begleitete die beiden Paare in den neun Szenen auf sehr illustrative Art.  Zur Musik ein Zitat aus dem im Programmheft abgedruckten Beitrag „Verzweifelt komisch“ des Dramaturgen Jens Schroth: „Bei ‚Vertrauenssache‘ herrscht auch musikalische Kälte vor und die deutlich hörbaren Motive, die den vier Protagonisten zugeordnet sind, werden zwar höchst virtuos den jeweiligen Situationen angepasst und – wo es der Handlung entspricht – auch ausgetauscht, aber sie haben durchwegs den Charakter von Mottos, und nicht wie vormals die verbindenden Funktionen im durchführungstechnischen Sinne einer musikalischen Entwicklung.“

 Die armenische Sopranistin Narine Yeghiyan spielte die Rolle der Gloria zwar ein wenig zurückhaltend, ließ dafür aber ihre helle Stimme in höchsten Tönen leuchten, wobei allerdings die Wortdeutlichkeit auf der Strecke bleiben musste. Ihren Ehemann Edwin mit nur schwach ausgeprägtem Selbstvertrauen gab der in Augsburg geborene Bariton Timothy Sharp mit markanter Stimme und „turnerischen“ Fähigkeiten. Seine diversen Schrittpassagen sollten nach Meinung des Regisseurs wohl komödiantisch wirken und ihm Selbstvertrauen geben. Die Rolle des Richard, der seine Spielschulden bei Edwin mit einem ungedeckten Scheck begleicht und deshalb Vivians Schmuck versetzen will, wird vom Tenor Kim Schrader dargestellt. Er war sowohl stimmlich wie schauspielerisch überzeugend. Den stärksten Eindruck konnte die Mezzosopranistin Maria Hilmes als Vivian verzeichnen, die nicht nur durch ihre attraktive Erscheinung, sondern auch durch ihre warmtönende Stimme und subtile Mimik zu gefallen wusste.

 Nicht verwunderlich, dass sie und der Pianist Günther Albers, der auch die musikalische Leitung des Abends innehatte, den stärksten Applaus des beifallsfreudigen Publikums einheimsten.

 Udo Pacolt

 

 

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