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BERLIN/ Musikfest/Philharmonie: BARENBOIM UND DUDAMEL SPIELEN BRAHMS

Berlin/ Philharmonie: Barenboim und Dudamel bringen Brahms, 03.09.2014

 Gustavo Dudamel und Daniel Barenboim, Foto Matthias Creutziger
Gustavo Dudamel und Daniel Barenboim, Foto: Matthias Creutziger/UNITEL

 Das Musikfest Berlin setzt in diesem Jahr auf „Romantik“. Dementsprechend zeigen Daniel Barenboim und Gustavo Dudamel zum Auftakt dieser traditionell hochkarätigen Veranstaltungsreihe, dass sie besondere Brahms lieben. Und das so intensiv, dass Barenboim gleich beide  Klavierkonzerte von Johannes Brahms bietet, er am Flügel in der Philharmonie, Dudamel als Dirigent der Staatskapelle Berlin.

Gut 20 Jahre liegen zwischen den beiden Klavierwerken, knapp 40 zwischen Barenboim und Dudamel. Also Lebensweisheit gepaart mit jugendlichem Feuer? Ganz so ist es nun doch nicht. Das „Klavierkonzert Nr. 1“,  d-Moll op. 15, war für den jungen Brahms bekanntlich eine schwierige Geburt und durch das Schicksal von Robert Schumann, seinem Freund und Mentor, von einem Traumata belastet. Aus einem Stück für 2 Klaviere und einer misslungenen Sinfonie erträumte sich Brahms, inspiriert von Clara Schumann, nach eigenen Worten die Umgestaltung zum Klavierkonzert.
Dieses lange Suchen, diesen langsamen Werde-Prozess scheint sich Barenboim als Richtschnur seiner Interpretation genommen zu haben, und auch Dudamel ist zunächst alles andere als ein Feuerkopf. Artig passt er sich der Vaterfigur an, und selbst die Staatskapelle wirkt wie gedeckelt.

Sehr sanft beginnt das Maestoso, ehe sich ein etwas unterkühltes Forte durchsetzt. Im 2. Satz, dem Andante, spielt Barenboim die einzelnen Töne so zart und gedehnt, als solle ein Kind in den Schlaf gewiegt werden. Selbst beim Rondo plus Allegro non troppo ist eher das „non troppo“ angesagt, jedoch mit Verve und feiner Trillerkunst dargeboten. Der Beifall danach ist für Barenboim und Dudamel dennoch heftig.

Ganz anders jedoch das “Klavierkonzert Nr. 2“,  B-Dur op. 83. Schon das optimistische B-Dur (an Stelle von d-Moll) zeigt einen gereiften, sicher gewordenen Brahms und vor allem einen, dem nun alle musikalischen Mittel zur Verfügung standen. Wie eine Sinfonie wirkt der Orchesterpart, und als „Sinfonie mit obligaten Clavier“ wurde das auf Anhieb erfolgreiche Werk schon seinerzeit bezeichnet. Es hat auch 4 statt 3 Sätze.

Nun leistet es sich Brahms sogar, das Konzert verhalten und echt romantisch beginnen zu lassen. Zunächst „sprechen“ die Waldhörner mit dem Klavier, ehe sich das Orchester in Fülle entfaltet. Insgesamt wird nun alles ganz anders:

Dudamel ist wieder Dudamel, dirigiert mit gewohntem Temperament und animierender Körpersprache. Die Staatskapelle blüht auf, beweist Biss und Schmelz, je nach Erfordernis. Ein prächtiger Klangrahmen entfaltet sich und mittendrin spielt ein jugendlich frischer Barenboim, dem die immensen Schwierigkeiten dieses Konzerts locker und kraftvoll von der Hand gehen.

Der 2. Satz, das Allegro appassionato, lässt tatsächlich Leidenschaft hören, abgelöst durch die  wunderbaren Cello-Soli  von Sennu Laine im Andante, die die Kontrabässe ausdrucksvoll zupfend untermalen. Barenboim markiert jetzt einige Töne und fordert die Ohren, und das Publikum lauscht atemlos.

Höhepunkt dann, auch für den Mann am Klavier, das Allegretto grazioso, eine wirklich graziös-tänzerische Darbietung mit Charme und Power, unerhört flinken Läufen und einem rasanten Schluss. Können und Kondition mit großartiger Unterstützung von Dudamel und der Staatskapelle.

Sofortige Bravo-Rufe, tosender Beifall für alle, ein Barenboim-Küsschen für die fabelhafte Cellistin. Der „Vater“ legt nun dem „Sohn“ den Arm um die Schultern, zieht Dudamel, der sich bescheiden zurückhält, immer wieder hinein in den brausenden Applaus. – Ein Auftakt nach Maß für das Musikfest Berlin.     Ursula Wiegand      

 

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