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BERLIN/ Komische Oper: DES KAISERS NEUE KLEIDER von Milos Vacek

01.11.2013 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Uraufführung einer Oper für Kinder in Berlin:

„Des Kaisers neue Kleider“ von Miloš Vacek (Vorstellung: 1. 11. 2013)

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Szenenfoto mit Carsten Sabrowski als Kaiser Maximilian von Eitelstein (Foto: Sebastian Hänel)

 Mitte Oktober fand an der Komischen Oper Berlin die Uraufführung der Kinderoper „Des Kaisers neue Kleider“ des tschechischen Komponisten Miloš Vacek, worüber der Online-Merker bereits berichtete. Das Libretto des Komischen Singspiels, wie das Werk genannt wurde, verfasste Miroslav Homolka nach dem berühmten Märchen von Hans Christian Andersen, ins Deutsche übersetzt wurde es von Ulrich Lenz. Da der Text des Singspiels viele politisch-satirische Spitzen aufwies, wurde das 1962 komponierte Werk von der  kommunistischen Regierung der Tschechoslowakei verboten. Ein Grund mehr, es der Vergessenheit zu entreißen! Und dazu muss man Barrie Kosky, dem Intendanten der Komischen Oper Berlin, gratulieren. Er ist dem Wiener Publikum durch viele Aufführungen musikalischer Werke während seiner Leitung des Schauspielhauses am Alsergrund gut in Erinnerung.

 Miloš Vacek (1928 – 2012) studierte Orgel und Komposition in Prag und komponierte bereits mit 25 Jahren seine erste Oper. Es folgten zahlreiche Ballette, Musicals, Opern und Singspiele, darunter 1962 „Des Kaisers neue Kleider“, das nun mehr als 50 Jahre nach seiner Entstehung in Berlin seine Erstaufführung erlebte. Tragisch, dass der Komponist – er starb im Vorjahr im Alter von 84 Jahren – die Uraufführung nicht mehr erleben konnte. Sein Werk, das an die besten Traditionen der tschechischen Volksmusik anknüpft, ist voller Humor, Optimismus und Lebensfreude. Seine Melodien sind warmherzig, rhythmisch und voller lyrischer Momente.

 Die Handlung der Oper, die Andersens Märchen über Lüge, Selbstbetrug und Eitelkeit noch um einige Facetten und auch Figuren bereichert, in Kurzfassung: Am Hof des Kaisers Maximilian von Eitelstein bestimmen Kleider das Leben. Es regiert die Eitelkeit. Kein Wunder also, dass die beiden Freund Jan und Barnabas, die irrtümlich für Schneider gehalten werden, leichtes Spiel haben, den allerletzten Modeschrei zu kreieren: eine Robe, die für Dumme nicht zu sehen ist. Aber im Reich des eitlen Kaisers gibt es doch ein paar vernünftige Menschen, die sich nichts vormachen lassen – allen voran die Kinder. Sie lachen als Erste über den halbnackten Kaiser. Und wie es einem echten Märchen geziemt, gibt es am Schluss ein glückliches Liebespaar. Auch der ausgelachte Kaiser findet Trost – beim Gastwirt nebenan.

 Lydia Steier gelang eine humorvolle, kindergerechte Inszenierung mit vielen komischen, aber auch berührenden Details. Es gelang ihr von Anfang an, die Kinder im Publikum zum Mitspielen zu animieren. Die oft wiederkehrende Frage an den Kaiser „Sitzt der Kragen?“ beantwortete nicht nur er, sondern im Laufe der Vorstellung auch die Kinder im Chor: „Kann nicht klagen!“ Nur bei der Hymne von Eitelstein „Rinke, ranke, rinke, ranke Rosen, niemals ohne, ohne die Hosen! Hose aus, und du bist sofort raus. Hose an, und du bist wieder dran, ohne Hose bist du nichts!“ wollte das Mitsingen nicht recht klappen. Es war offensichtlich ein wenig zu schwierig. Nur der Schluss-Vers „Alte Kleider trägt man nicht, denn die Mode ist hier Pflicht!“ gelang wieder.

 Wichtigstes Requisit des Bühnenbilds (Benita Roth) war eine Kleiderpuppe, die Kostüme von Alfred Mayerhofer waren zum Teil sehr elegant (Gewand des Kaisers, Hochzeitskleid der Prinzessin, Roben der Hofdamen, hohe Plateausohlen für die stolzierende Hofgesellschaft), zum Teil bäuerlich bodenständig (Gäste im Wirtshaus, die beiden „Schneider“ Jan und Barnabas). Für das Licht, das immer wieder kreativ eingesetzt wurde (auch im Publikumsraum), war Diego Leetz zuständig.

 Gespielt und gesungen wurde vom Ensemble der Komischen Oper Berlin erstklassig. Allen voran vom Bass Carsten Sabrowski als Kaiser Maximilian von Eitelstein, der seine Rolle mit dem nötigen Augenzwinkern (und dem Schoßhündchen Nala) spielte, und von der Sopranistin Cornelia Zink als herrlich-zickige Prinzessin Culifinda, deren Heiratswut sich in nervtötenden Koloraturen ausdrückte. 

 Als Hofmeister schaffte es Philipp Meierhöfer mit seinem markanten Bass, die Kinder im Publikum, in dem sich etwa ein Drittel Erwachsene befanden, vom ersten Moment an in die Vorstellung einzubinden. Sehr humorvoll agierte die Mezzosopranistin Katarina Morfa als Kammerzofe der Prinzessin, die sich in den schüchternen Wanderer Jan verliebt, der vom Tenor Michael Pflumm sehr eindrucksvoll gespielt wird. Köstlich die Reaktion der Kinder, als sich die beiden Verliebten in die Arme fallen und küssen: Jubel und tosender Applaus! 

 Auch die Nebenrollen waren gut besetzt: Barnabas, den aktiveren der beiden Wanderer, spielte der Basssänger Bogdan Taloş, den Gastwirt der Bass Karsten Küsters und den kaiserlichen „Oberhemdenbügler“ Schönling gab der Tenor Christoph Späth, den kaiserlichen „Unterhosenwärmer“ Wachsam der Bariton Hans Gröning sowie den Schneider Halskrause der Tenor Stephan Boving.

Den Chorsolisten (Leitung der Chöre: David Cavelius) und Komparsen (Leitung: Heike Maria Preuß) der Komischen Oper Berlin sah man die Freude und Lust an, mit der sie ihre Rollen sangen und spielten. Das Orchester wurde von Uwe Sandner schwungvoll und umsichtig geleitet.

 Minutenlanger Beifall der Kinder und Erwachsenen am Schluss der in der Tat gelungenen Vorstellung.

 Udo Pacolt

 

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