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BERLIN/ Deutsche Oper: TOSCA mit Harteros/Giordano

18.02.2013 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Berlin/ Deutsche Oper: „TOSCA“ mit Anja Harteros, 17.02.2013


Anja Harteros. Foto: Markus Tedeskino

Eine schöne junge Frau mit herausragend schöner Stimme in einer Uralt-Inszenierung. Geht das? Wenn diese Frau Anja Harteros heißt, der legendäre Boleslaw Barlog 1969 Regie geführt hat und Gerlinde Pelkowski für eine Anpassung sorgt, dann funktioniert das bestens.

Wegen Anja Harteros sitzen nun viele, die dieses Werk schon gut kennen, in der vollbesetzten Deutschen Oper Berlin und erleben „TOSCA“ genau so, wie Puccinis höchst beliebtes „Melodramma“ im Buche steht. Also auf einer konservativ ausgestatteten Bühne und mit zeitgemäßen, kleidsamen Kostümen (von Filippo Sanjust).

In Massimo Giordano als Mario Cavaradossi hat Frau Harteros den passenden Partner, einen jungen, gut aussehenden und bereits international gefragten Tenor. „Der ist wirklich eine Sünde wert,“ meint eine Freundin in der Pause.

Jedenfalls weiß der Italiener genau, was Belcanto ist. Seine Stimme hat Schmelz im Piano, Kraft beim Forte und gelegentlich ein paar nette Schluchzer. Zum Glück übertreibt er damit nicht. Anja Harteros Stimme blüht von Anfang an herrlich auf, ohne jede Schärfe und ohne jedes störende Tremolo. Da sitzt jeder Ton.

Auch schauspielerisch bilden die zwei ein überzeugendes Liebespaar, und wenn ich das durchs Fernglas (!) richtig gesehen habe, dann küsst er (verständlicherweise) nicht an Toscas Wange vorbei. Dass die beiden, allein oder nach ihren Duetten, gehörigen Zwischenapplaus bekommen, versteht sich von selbst.

Beim Scarpia bleiben für mich allerdings Wünsche offen. Ivan Inverardi besitzt einen gepflegten Bass, klingt mir aber nicht böse und durchschlagend genug. Bei seinem ersten Auftritt in der Kirche – auf der Suche nach dem geflohenen Angelotti (gut: Marko Mimica) – sollte seine Stimme eigentlich dem düsteren Glockenklang Paroli bieten, ihn möglichst sogar übertönen, so dass den Zuhörern gleich Schauer über den Rücken laufen.

Das schafft Ivan Inverardi nicht ganz. Auch bei der Auseinandersetzung mit Tosca im 2. Akt trumpft er trotz aller Begierde nur selten auf. Nur sein Todesschrei hat echte Power. Vielleicht muss er sich etwas schonen, hat es vermutlich im Rücken. Denn seine Bewegungen wirken recht steif, und beim Schlussbeifall, den er dennoch reichlich erhält, kann er sich kaum verbeugen.

Flink wie ein Wiesel bewegt sich dagegen der junge Seth Carico als Mesner durchs Gotteshaus und bietet einen bereits gerundeten Bariton. Als schleimiger Fiesling Spoletta agiert erfolgreich Jörg Schörner (Tenor), vor allem im 2. Akt ein echtes Ekelpaket.

Auch Frau Harteros zieht nun alle Register, ist in Angst, Widerstand und als „Mörderin“ vollendet glaubwürdig. Erwartungsgemäß wird ihre von zartem Piano zum ausdrucksstarken Forte anschwellende Klage „Vissi d’arte, vissi d’amore“ (Nur der Kunst und der Liebe weiht’ ich mein Leben) zum absoluten Höhepunkt. Alle lauschen gebannt. Würde eine Stecknadel zu Boden fallen, wäre das zu hören.

Umso spannender wird nun das Warten auf Massimo Giordanos große Arie „E lucevan le stelle…“ (noch blitzen die Sterne) im 3. Akt. Hierbei überrascht er und zeigt seine Klasse. Er brüllt nicht seine Verzweiflung heraus, sondern beginnt ungewöhnlich verhalten und mit lyrischem Wohlklang über sein vorheriges Liebesleben mit Tosca singend nachzudenken. Umso wirkungsvoller dann die letztendliche Steigerung.

Den musikalischen Rahmen steckt Chef Donald Runnicles präzise ab und dirigiert zupackend, wie es seine Art ist. Also angenehmerweise kein süßlicher Puccini. Unter seiner Stabführung glänzt das Orchester der Deutschen Oper Berlin und zeigt die gesamte Palette seines Könnens. Lobenswert auch die Chöre, einstudiert von Thomas Richter, sowie der Kinderchor unter Leitung von Christian Lindhorst.

Zuletzt starker Applaus für alle (selbst die hier nicht genannten), vor allem auch für Donald Runnicles und die Seinen. Jubel empfängt Anja Harteros, den strahlenden Stern dieses besonderen Abends. Auf der Bühne erhält sie Küsse und Blumen. „Standing ovations“ aber auch für das komplette Liebespaar, das sich glücklich in die Arme fällt.

Ursula Wiegand

Ein weiterer Termin mit Anja Harteros, aber einem anderen Partner am 28. Februar.

 

 

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