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BASEL/Peterskirche: ORGELKONZERT „VON LEBEN UND TOD“

02.09.2013 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Basel: Peterskirche Orgelkonzert „Von Leben und Tod“  –1.9.2013

 Auch in der langen, theaterlosen Zeit kommt das Basler Kulturleben nicht ganz zum Erliegen. Im Gegenteil. Ende August fand in Basel das Jugendkulturfestival statt. Dabei gab es jede Menge aus der heutigen Jugendkultur zu entdecken. Mit leiseren Tönen klang das Festival am 1. September in der Basler Peterskirche aus. Dort organisierte der Freundeskreis Orgelmusik St. Peter ein Konzert der ganz besonderen Art. Unter dem Motto „Von Leben und Tod“ gab es dort auf der wunderbaren Silbermann/Lhòte-Orgel Kunstgenuss vom Feinsten zu erleben. Der erste Teil des Abends gehörte drei jungen Organisten, welche den Part des „Lebens“ darstellten. Zwischen den einzelnen Orgelstücken sang der Bariton Philippe Meyer die gregorianische Sequenz „Victmae pascali laudes“. Und gerade darüber improvisiert Marton Borsanyi mit seiner Ouverture im barocken Stil. Dabei zog der junge Organist buchstäblich sämtliche Register und liess die Orgel in sämtlichen Klangfarben ertönen. Dabei fiel auch seine sehr stark ausgeprägte Fingerfertigkeit in der rechten Hand auf. Im Wechsel mit Marton Borsanyi brillierte Andreas Jud mit dem „Adagio ma non troppo“ und dem „Allegro molto ritmico“ aus den „Cinq Versets sur le Victimae Paschali“ von Thierry Esaich (*1965) und schuf damit einen spannenden, dissonanten Kontrast zu den gefälligen Harmonien Borsanyis. Nach dem spannenden Orgelauftakt dann der Hauptteil: Das leicht gekürzte Requiem , op. 9, von Maurice Duruflé in der „Réduction pour Chant et Orgue par l’ auteur“. Dieses Werk (der Programmpunkt „Tod“ des Abends) zählt zu den bedeutendsten Werken des Komponisten einerseits und der neuzeitlichen Kirchenmusik überhaupt, anderseits. Es gibt davon zwei Fassungen: eine für Orgel, die andere für Orchester – und eben Gesang. An der Orgel begleitete Organist Andreas Jud den Chor des Gymnasiums Kirschgarten Basel. Die jungen Leute waren mit grossem Eifer und enormer Sangesfreude dabei, obgleich sich der/die eine oder andere angesichts der gut besetzten Kirchenränge stark beeindruckt zeigte. Auch sie stellten fest, dass die Akustik der Proben in der leeren Kirche, nicht mit derjenigen der vollbesetzten zu vergleichen ist. Die jungen Sängerinnen und Sänger legten sich aber ins Zeug – aber hallo!! Engelsgleiche Sopranistinnen und bodenständige Jungs und junge Herren sorgten mit ihren natürlichen Stimmen für choristischen Wohlklang. Durch diese ungekünstelte Natürlichkeit wurde das Werk, dem im Gegensatz z. B. zum Verdi-Requiem, jegliches opulent-dramatisch Opernhafte fehlt, noch natürlicher, ehrlicher und somit berührender. Chorleiter Oliver Rudin vertraute auf die Neugier der Jugendlichen auf Neues und wagte sich mit seinem Chor an dieses äusserst anspruchsvolle Werk. Dieses Vertrauen belohnten die jungen Gymnasiasten mit einer ergreifenden, eindrucksvollen Performance – chapeau! Den Solopart übernahm Philippe Meyer und bestach auch hier mit seiner schönen Stimme und excellenter Diktion. Umsichtig dirigierte Oliver Rudin und hielt mühelos Orgel, Chor und Solist zusammen. Die Lieblingsstelle jungen Choristen – die „Hosanna-Rufe“ waren ein besonderer musikalischer Höhepunkt. Da verschmolzen Orgel und Chor zu eins. Nachdem das Requiem mit einem Septakkord offen endete, beschloss Quentin Kozuchowski mit seiner brillianten, verjazzten „Toccata Libera“ virtuos beschwingt den Abend. Dieses Stück wäre sicher vor dem Requiem besser platziert gewesen, war es doch schwierig, sich nach den starken, wenn auch mehrheitlich meditativ-ruhigen Klängen des Requiems sich auf diesen Klangkontrast einzulassen. „Es braucht gar nicht so viel, Duruflés Musik in Richtung Jazz rutschen zu lassen“, meint Organist Kozuchowski im (von den ausführenden Gymnasiasten aufwändig gestalteten) Werbeflyer. Damit mag er wohl recht haben. Aber: Maurice Duruflé hat bei der Komposition bewusst sein Werk offen enden lassen. Dieses nun mit einem „Schlusspunkt“ abzuschliessen, dürfte wohl kaum im Sinne des Komponisten gewesen. sein. Wohl aber im Sinne der Programmgestalter, welche mit dem organistischen Abschluss die Zuhörer aus dem Tod wieder ins Leben zurückführen wollten. Ein guter Gedanke, der aber seine Wirkung etwas verfehlte. Nicht verfehlt wurde jedoch etwas zentral Wichtiges: Das Heranführen junger Menschen an klassische bzw. kirchliche Musik. Die Verantwortlichen ermöglichten damit den jungen Choristinnen und Choristen starke Einblicke und Erlebnisse in eine für sie vielleicht bis anhin nur wenig bekannte Welt. Im November gibt Oliver Rudin mit seinem Chor Duruflée Requiem nochmals: dann allerdings in der Orchesterfassung – und in den Martinskirche. Der Basler „Merker“ freut sich bereits heute schon drauf!

  Michael Hug

 

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