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BAD WILDBAD: TEBALDO E ISOLINA von Francesco Morlacchi. Konzertant

28.07.2014 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Opernrarität in Bad Wildbad: „Tebaldo e Isolina“ von Francesco Morlacchi (konzertant: 27. 7. 2014)

Tebaldo e Isolina_4_Foto Elias Glatzle
Die konzertante Aufführung von „Tebaldo e Isolina“ von Morlacchi war von hoher musikalischer Qualität (Foto: Elias Glatzle)

 Im Rahmen des „Belcanto Opera Festival 2014“ wurde in der Trinkhalle von Bad Wildbad das nahezu unbekannte Werk „Tebaldo e Isolina“ von Francesco Morlacchi, einem Zeitgenossen von Rossini, dem das Festival seit mehr als 25 Jahren gewidmet ist, konzertant aufgeführt. Die Erstfassung dieser Oper für Kastrat hatte 1822 im La Fenice in Venedig ihre Uraufführung, die Zweitfassung für Mezzosopran, die auch in Bad Wildbad gespielt wurde, 1825 am Hoftheater in Dresden.

Francesco Morlacchi (geb. 1784 in Perugia, gest. 1841 in Innsbruck), der früh geistliche Musik zu schreiben begann, studierte ab 1803 bei Zingarelli und komponierte ab 1807 seine ersten Opern  („Il poeta in Campagna“, „Il ritratto“, „Il Corradino“). Im Jahr 1810 wurde er  an die italienische Oper nach Dresden berufen, wo er von 1817 bis 1826 in Carl Maria von Weber einen großen Rivalen hatte, der den Aufbau der deutschen Oper vorantrieb. In seinen 25 Opern, die mit brillanten Koloraturszenen gespickt sind, näherte sich Morlacchi der lebhaften Rhythmik sowie den dynamischen Schattierungen Rossinis und Donizettis an. 1832 schloss er in Dresden die italienische Oper, doch erst mit seinem Tod war die Epoche der italienischen Oper in Deutschland endgültig vorbei (1841 verließ Spontini Berlin, ein Jahr später starb Morlacchis Nachfolger Rastrelli).

Der Inhalt der Oper “Tebaldo e Isolina“, deren Libretto Gaetano Rossi verfasste, ist eine typische Rittersgeschichte zwischen den zwei verfeindeten Familien Altenburg und Tromberg, die ihre Kinder miteinander verheiraten wollen, um ihre langjährige Fehde zu beenden. Der Plan scheitert jedoch, da Corrado, der Bruder von Hermann von Tromberg, die Ehefrau von Bohemund von Altenburg tötet und ihre Familie einkerkern lässt. Vater und Sohn gelingen die Flucht, sie kehren in ihre Heimat zurück und Bohemund ermordet aus Rache Corrado. Sein Sohn Tebaldo kehrt unter dem Namen Siegbert zurück und verliebt sich in Isolina, die Tochter von Hermann von Tromberg. Im Verlauf der Oper findet ein Ritterturnier statt, das Siegbert gewinnt. Dadurch beginnen die weiteren Verwicklungen, da er seine wahre Identität auch seiner Geliebten verheimlichen muss. In beiden Familien werden neue Rachepläne geschmiedet, man rüstet sich zum Kampf, bis schließlich – nach allgemeiner Verwirrung – die beiden Häupter der Familien Tromberg und Altenburg ihrem Hass abschwören und Frieden schließen. Tebaldo und Isolina können heiraten.

Die konzertante Aufführung in Bad Wildbad fand in italienischer Sprache mit deutschen und italienischen Übertiteln (Reto Müller) statt. Eine gute Idee, womit den vielen italienischen Besuchern des Festivals Rechnung getragen wurde. Das tschechische Orchester Virtuosi Brunenses (Leitung: Karel Mitáš), das bereits bei der glänzend gespielten Ouvertüre aufhorchen ließ, wurde von Antonino Fogliani dirigiert, der seit 2011 Musikalischer Leiter des Festivals ist. Mit seiner temperamentvollen Stabführung war er wohl der Garant für eine nuancenreiche Wiedergabe der farbenreichen Partitur des Komponisten, die warme Klänge ebenso aufwies wie kriegerisch-dramatische.

Das Sängerensemble war – wie schon in den vergangenen Jahren – international besetzt. Star der Aufführung war die aus vielen internationalen Opernfestivals bekannte italienische Mezzosopranistin Laura Polverelli in der Hosenrolle des Tebaldo. Anfangs ein wenig zurückhaltend, brillierte sie im zweiten Teil mit ihrer breit gefächerten Stimme. Tebaldos Geliebte Isolina wurde von der spanischen Sopranistin Sandra Pastrana gesungen, die auch etliche Koloraturen zu stemmen hatte. Auffallend war ihre eindrucksvolle Mimik, die den einzelnen Arien stets gerecht wurde, was man nicht von allen Sängerinnen und Sängern behaupten kann.

Ausdrucksstark und mit lyrischer Stimme sang der junge italienische Tenor Anicio Zorzi Giustiniani die Rolle des Bohemund von Altenburg, während sein „Gegenspieler“ Hermann von Tromberg vom spanischen Bass Raúl Baglietto zwar mit angenehm warmer Stimme, aber etwas teilnahmslos gesungen wurde. Mehr Ausdruck legte der rumänische Tenor Gheorghe Vlad in die Rolle seines Sohnes Gerold.  Die eher kleine Partie der Clemenza, einer Angehörigen der Familie Tromberg, sang die italienische Sopranistin Annalisa D’Agosto, die in Salerno und in Eisenstadt studierte, wo sie auch erste praktische Erfahrungen im Konzertgesang sammelte.

 Mit gewaltiger Stimmkraft trat der 2003 gegründete Camerata Bach Chor Posen (Leitung: Ania Michalak) in Erscheinung, der seit dem Jahr 2010 als Chor des Festivals fungiert. 

 Das von der konzertanten Aufführung begeisterte Publikum belohnte die Leistungen des Sängerensembles, des Chors sowie des Orchesters und seines Dirigenten mit nicht enden wollendem Beifall und vielen „Bravi“-Rufen.   

 Udo Pacolt

 

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