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ZÜRICH/ Tonhalle : PHILIPPE JORDAN / FRANCOIS FRÉDÉRIC GUY (Mussorgski, Saint Saens, Wagner/Liszt)

Zürich: Philippe Jordan und François-Frédéric Guy – 5.12.013

Unglaubliche Energie-Abstrahlung im Konzert

Mit energischem Schritt eilt Philippe Jordan dem Pult zu und beginnt gleich mit der Urfassung von Mussorgskys „Johannisnacht auf dem Kahlen Berge“, der er mit dem blendend disponierten Tonhalle-Orchester Zürich einen rasanten Start in den Konzertabend gibt. Nichts ist verwischt, schon gar nicht geschönt, sondern die „brutalen Klänge“ des „besoffenen Genies“ gerieten oft auch an die Schmerzgrenze des Lauten. Aber so war sicher auch gewollt!

Mit François-Frédéric Guy betrat ein hervorragender Klavier-Virtuose das Konzertpodium, um das selten in Konzertsälen unserer Grade aufgeführte 5. Klavierkonzert von Camille St.-Saëns zu spielen. Er tat dies äusserst brilliant und betonte, zusammen mit dem energiegeladenen Jordan am Pult, das nahezu salonhafte Virtuosentum dieses Konzerts auf beeindruckende Weise. Guy blieb jedoch immer im Rahmen des Geschmackvollen, bei aller Brillanz und technischen Akrobatik. Im langsamen Satz erklangen dann die aparten orientalisch anklingenden Klangkombinationen, die auch heute noch Aufhören erregen und auch dem Werk den Beititel „Das Ägyptische“ gegeben haben. Es lag ganz in der sog. Weltmusikstimmung, die mit der Weltausstellung in Paris Ende des 19. Jahrhunderts Einzug gehalten hatte. Das Tonhalle-Orchester liess sich auf dieses „Frage und Antwortspiel“ ein. François-Frédéric Guy erfreute dann das begeistert applaudierende Publikum mit der Wagner/Liszt-Transkription von Isoldes Liebestod und eröffnete ganz andere Klangwelten, die sich ins Magische, Mystische erweiterten. – Nach der Pause dirigierte Philippe Jordan eine „Pathétique“, die sich nicht ins Sentimentalitäten erging, sondern die schroffen Klänge, die dunklen Farben der Holzbläser und den schwermütigen Streicherklang suchte.

Dem Tonhalle-Orchester und Dirigenten Jordan gelang eine eindringliche Interpretation dieser fast zu Tode gespielten Sinfonie. Nicht von ungefähr erinnerte mich die Herangehensweise von Jordan an den jungen Karajan der fünfziger Jahre. Es war ein faszinierendes Brio-Musizieren, mit viel Körpereinsatz von beiden Seiten – ein Ausweichen in einen gepflegten Salonklang mit Weichspüler gab es hier nicht. Selbstverständlich gab es spontanen Applaus nach dem Marsch des 3. Satzes. Bei einer derart hinreissenden Wiedergabe darf man solches nur zu gern tolerieren.

John H. Mueller

 

 

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