Hommage an Maria Callas: Elena Mosuc, Prague Royal Philarmonic • Tonhalle Zürich • Konzert: 16.12.2023
Eine würdige Huldigung der Callas
Mit einer Hommage an Maria Callas erinnern Elena Moşuc und das Prague Royal Philarmonic an den 100. Geburtstag der vielleicht grössten Opernsängerin überhaupt.
Foto: Christoph Hebeisen
Noch vor dem ersten Stück, dem Vorspiel zu «La Traviata», greift Dirigent Heiko Mathias Förster zum Mikrophon: er wird als Conférencier durch den Abend führen. Es wird sich zeigen: trocken, hölzern und vom Blatt gelesen. Von einem Profi darf man mehr erwarten.
Die eigentliche Hommage beginnt mit «Regnava nel silenzio» und dem Liebesduett «Qui di sposa» aus Donizettis «Lucia di Lammermoor». Moşuc interpretiert beide Stücke souverän: auch wenn die Stimme keine 20 mehr ist, hat sie noch immer strahlende Höhen und kristallklare Koloraturen zu bieten. Und in Sachen emotionalem Singen macht ihr niemand etwas vor. Tenor Konstantinos Klironomos erweist sich als Rohdiamant: der Schliff ist noch zu leisten. Weniger Druck würde es der Stimme ermöglichen, frei zu strömen und die Farben der Stimme zur Geltung kommenlassen. Das Temporale aus Rossinis Barbiere ist, in Spanien soll es ja lange nicht geregnet haben, ein lieblicher Sommerschauer. Bei «Recondita armonia» kann Klironomos mit einem kraftvollen, gut gestützten Vortrag überzeugen. Wie viele seiner Kollegen erliegt auch er der Versuchung die Stimme unnötigerweise abzudunkeln. Man sollte nur mit dem Material arbeiten, das die Stimme auch hat. Über die Jahre ist Moşucs Stimme dunkler und reifer geworden und so gelingt ihr das «Vissi d’arte» musikalisch höchst überzeugend und emotional tief glaubwürdig. Sie weiss, was es heisst, für die Kunst zu leben. Das berühmte Intermezzo aus Mascagnis «Cavalleria Rusticana» gelingt dem Orchester mit überraschend geringem slawischen Akzent. Das «Ebben? Ne andrò lontana» zeigt, in welche Richtung sich die Stimme Moşucs entwickelt. Hier erreicht sie die ihr eigene, unnachahmbare Bühnenpräsenz. Klironomos schliesst den ersten Teil mit dem bei solchen Gelegenheiten quasi unvermeidbaren «Nessun dorma». Nun rutscht die Stimme, was sich anzudeuten begann, immer weiter in den Gaumen und tönt entsprechend angestrengt.
Laut dröhnend eröffnet das Orchester den zweiten Teil des Abends mit der Ouvertüre zu Bellinis «Norma». Bei «Casta Diva» ist Moşuc dann in ihrem ureigenen Fach. Die Norma ist nicht nur Callas «Signatur-Partie». Moşuc gelingt es, die Arie (Cavatina und Cabaletta) mit makelloser Technik zu interpretieren und erschütternder Emotion auszufüllen. Bei der Klage Federicos aus Cileas «L’Arlesiana» («E la solita storia del pastore») verdeutlichen sich die Probleme von Klironomos Tenor: er singt mit Druck und gepresst und so beginnt die Stimme, sich in der Höhe zu verengen. Die Vorspiele zum dritten Akt von «La Traviata» und «Un ballo in maschera» rahmen das Liebesduett «Parigi, o cara» aus «La Traviata». Hier und in «E lucevan le stelle» sind die Probleme von Klironomos Stimme plötzlich verschwunden. Ein herrlicher Tenor mit dem metallischen Etwas kann nun frei strömen. Den fulminanten Schlusspunkt setzt Moşuc mit dem Boléro der Elena («Mercè, dilette amiche») aus «I vespri siciliani».
Eine würdige Huldigung der Callas.
18.12.2023, Jan Krobot/Zürich