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ZÜRICH/ Theater 11: MISS SAIGON – Musical von Claude-Michel Schönberg (Musik), Alain Boublil und Richard Maltby Jr. (Lyrics)

06.12.2018 | Allgemein, Operette/Musical

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Copyright: 1988 CML

Zürich: Theater 11 – Miss Saigon    – besuchte Vorstellung: 05.12.18

 Es ist eine riesige Produktion, die in die Zeit des Vietnamkrieges verlegte Geschichte der «Madame Butterfly». Gross angelegt, spektakulär – und trotz aller Pracht, welche die grossen Musical-Produktionen ausmacht (und einige davon deshalb oberflächlich unterhaltend erscheinen lassen) zaubert die Truppe der International Tour von Miss Saigon eine kraftvolle, eindrückliche, unter die Haut gehende Show auf die Bühne des Zürcher «Theater 11». Alles läuft wie am Schnürchen, die Verwandlungen und technischen Effekte klappen perfekt, Ensemble, Solisten und Orchester zeigen sich in allerbester Spiellaune und ziehen mit grossartigen Leistungen in Gesang und Darstellung das Publikum in den Bann der tragischen Geschichte um Kim, welche als junges Mädchen in einem Bordell in Saigon landet, sich dort in den amerikanischen Soldaten Chris verliebt, von ihm schwanger wird und dann Jahre später erkennen muss, dass sich ihre Liebe nie erfüllen wird, da der Amerikaner inzwischen in seiner Heimat geheiratet hat. Daran zerbricht die sensible Kim. Sie gibt sich und ihren über alles geliebten Sohn, den sie aus dem Milieu der Prostitution lösen kann und ihn in der Obhut von Chris und Ellen, seiner Frau, in den besten Händen weiss, auf und nimmt sich verzweifelt das Leben.

Claude-Michel Schönberg (Musik), Alain Boublil und Richard Maltby Jr. (Lyrics) schufen mit «Miss Saigon» ein Musical, das vollkommen zu Recht zu den grössten Hits der Branche zählt, nichts an Glanz eingebüsst hat und die Theatersäle füllt. Es bietet ergreifende Musik, schmissige Choreographien und mitreissende Songs. Die intelligente Regie von Laurence Connor gelingt durchgehend und begeistert mit fantastischen Projektionen (Luke Hall), Lichteffekten (Bruno Poet) und detailgetreu gestalteten Kostümen (Andreane Neofitou). Unter der musikalischen Leitung von Matthew J Loughran begeistert das 16köpfige Orchester, das so gut abgemischt wird, dass die perfekte Illusion eines grossen Sinfonieorchesters entsteht (Sound Design: Mick Potter). Überhaupt lässt die Produktion akustisch keine Wünsche offen, auch die Textverständlichkeit ist aussergewöhnlich gut.

Alle Darstellerinnen und Darsteller on stage gefallen und überzeugen in ihren Rollen, egal, ob es sich um eine kleine oder eine grosse Partie handelt. Alle sind mit grösster Begeisterung dabei und geben für die Aufführung «ihr letztes Hemd».

In den tragenden Rollen fällt zuerst Leo Tavarro Valdez als Bordellbetreiber «Engineer», der mit vielen Tricks seinen «American Dream» verwirklichen kann, zynisch-komödiantisch mit schier unbremsbarem Temperament auf.

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Copyright: Johan Persson

Bereits nach ihren ersten Tönen wird klar, dass wir von Sooha Kim in der weiblichen Hauptrolle als Kim aussergewöhnliches erwarten dürfen. Dieser erste Eindruck bestätigt sich während des Abends. Die zierliche junge Künstlerin gestaltet die Protagonistin sensibel, leidenschaftlich, jedoch nie effekthascherisch und sorgt mehr als nur einmal für feuchte Augen.

Elena Martin lässt sich bei ihrem ersten Auftritt als Chris’ Ehefrau Ellen zu ein paar unkontrolliert lauten Tönen hinreissen, findet jedoch in ihren grossen Szenen zu einer musikalisch differenzierten Leistung zurück und gewinnt in der dramatischen Szene, in welcher sie und Kim durch einen unglücklichen Zufall verfrüht aufeinander treffen, mit feinfühligem, glaubhaftem Spiel ebenfalls die Herzen des Publikums.

Ashley Gilmour ist mit seiner jugendlich timbrierten Stimme ein wunderbarer Partner für Sooha Kim. Die beiden Stimmen harmonieren wunderbar miteinander, die Liebesszene im ersten Akt gerät absolut ergreifend, selbst wenn der junge Tenor an diesem Abend von der Kraft her nicht ganz an seine Partnerin herankommt.

Ein grossartiger Abend, der mit jubelndem und einer Standing Ovation gekrönten Applaus – der gut und gerne noch länger gedauert hätte, wenn da nicht das gestrenge Applaus-Ordnung-Protokoll wäre – verdankt und belohnt wird.

Michael Hug

 

 

 

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