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ZÜRICH/ Opernhaus: Festkonzert der Philharmonia Zürich • Opernhaus Zürich • 13.07.2025

Festkonzert der Philharmonia Zürich • Opernhaus Zürich • 13.07.2025

Festlicher Ausklang der Direktion Homoki

«Jemand muss Mama und Papa»

Die Direktion eines Opernhauses mit einem Konzert zu beenden, steht symptomatisch für den Zwang dieser Direktion, alles immer etwas anders machen zu müssen. Insofern ist die Wahl passend und bietet das praktische Gefäss für die unvermeidlichen Ansprachen.

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Foto © Admill Kuyler

Das Schroffe und Stürmische in Richard Wagners Ouvertüre zur Oper «Der fliegende Holländer» (Homokis erste Regiearbeit am Opernhaus Zürich) arbeitet GMD Andrea Noseda mit der in grosser Besetzung angetretenen Philharmonia Zürich (zum letzten Mal unter diesem Namen: von der neuen Saison an darf sie wieder «Orchester der Oper Zürich heissen) konzentriert und genüsslich heraus.

Danach stehen die Verabschiedung von Andreas Homoki auf dem Plan. Markus Notter, Verwaltungsratspräsident des Opernhaus, und Regierungsrätin Jaqueline Fehr würdigen den scheidenden Intendanten.

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Sehr persönlich gelingt ist die Würdigung Homokis durch Barrie Kosky, sein Mentee und Nachfolger als Intendant der Komischen Oper Berlin. Dazu hat er sich «in Schale geschmissen»: «Ich habe heute ein Anzug. Und ein Hemd.». Ausgehend von der Fanfare des Dionysos würdigt Kosky die Oper als Kombination verschiedenster Faktoren («Oper entsteht nicht von allein») und die Rolle des Intendanten als Koordinator («Jemand muss Künstler und Publikum in kollektiver Umarmung zusammenführen»), als «Hohepriester des Dionysos und Zirkusdompteur»: «Jemand muss Mama und Papa». Mit einer langen Liste an Eigenschaften würdigt Kosky seinen Freund Homoki: Freude, Intelligenz, Humor, Herzlichkeit, Loyalität, Mut, Vision, Handwerk, Knochenarbeit, Freundschaft, Führungsstärke, gutes Essen, Guter Wein, Kritisches Denken, Mutige Entscheidungen, Authentizität, Antisnobismus, Charme, Verständnis, Mitgefühl, Empathie, Sympathie, nochmals Charme, Herzlichkeit, Nochmal Freude, Paprika, sehr gewinnendes Lächeln, Beharrlichkeit, Enthusiasmus. Homoki besitze ein seltenes Gut in der Landschaft der Opern-Intendanten: «Du bist ein Mensch». Wahrhaft bemerkenswert sei, wie er Erfolge anderer gefeiert habe, als wären es eigenen.

Vor der Pause wird die Komposition «Trypophobia für grosses Orchester» von Stefan Wirth (*1975) uraufgeführt: «Ich hatte die Idee, eine Art Wellnessmusik zu schreiben – also eine Musik voller Oberflächenglanz und wunderschöner KJlanglichkeit, die dann aber plötzlich einbricht und in etwas anderes kippt» (Zitate in diesem Absatz aus dem Programmheft). «Es gibt Menschen, bei denen löchrige oder blasenwerfende Oberflächen zu Angstzuständen führen. Und diese Angst vor dem Organischen, Unkontrollierbaren und Wuchernden ist für mich das Gegenstück zu der schmutz- und keimfreien, reinen Welt, die uns die Wellness-Musik erfahrbar macht. Meine Komposition steht im Spannungsfeld von diesen beiden Welten, das aber unentschieden ist.»

Nach der Pause spielt die Philharmonia unter musikalischer Leitung von GMD Noseda die Sinfonie Nr. 4 e-Moll op. 98 von Johannes Brahms. Der Würdigung durch Homoki ist nichts hinzuzufügen: «Diesen Brahms, ich muss sagen, habe ich noch nie so analytisch, leidenschaftlich, aufgefächert im Ausdruck, trocken, süffig, klug, intelligent, anrührend gehört».

Als der GMD nach dem Dirigat wieder zu Atem gekommen ist, spricht auch er kurze, bewegte Dankesworte an den scheidenden Intendanten.

Zum Schluss würdigt der Intendanten des Hauses Mitarbeiter, die an diesem Tag zum letzten Mal arbeite. Darauf folgt der Dank des Intendanten. Bezeichnend für Homokis Menschlichkeit ist der Dank an seinen Vorgänger Alexander Pereira, der die Grösse gehabt habe, ihn zu unterstützen und für dessen Ratschläge, die ihm, dem doch Jüngeren, den Weg geebnet hätten.

Für die Kritik war die Direktion Homoki ein gleichermassen interessante wie herausfordernde Zeit. Andreas Homoki ist für die geleistete Arbeit zu danken und für die Zukunft alles erdenklich Gute zu wünschen. Dem neuen Intendanten ist zu wünschen, dass er den gesunden Mittelweg zwischen seinen Vorgängern findet und der sängerischen Seite der Kunstform (wie dem Spielplan der neuen Saison zu entnehmen) wieder das gebührende Gewicht verleiht.

Das Konzert wird aufgezeichnet und am Mittwoch, dem 27. August 2025, um 20.00 Uhr auf SRF 2 Kultur ausgestrahlt.

13.07.2025, Jan Krobot/Zürich

 

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