Mauro Peter. Foto: Franziska Schrödinger
Zürich: DIE SCHÖPFUNG (Joseph Haydn) – 22.12.2019
Mauro Peter als hervorragender Uriel
Die Scintilla-Formation der Philharmonia, des Orchesters des Opernhauses Zürich, ist schon eine Klasse für sich. Mit Sachverstand und Engagement nehmen die Musikerinnen und Musiker jede Herausforderung an. Und die sind, im Zeitalter der historischen Informiertheit, deren nicht wenige. Riccardo Minasi ist für seine zugriffigen Tempi und manchmal etwas gar brachiale Art des Musizierens bekannt. Und nichts bleibt da dem Zufall überlassen, alles ist bei ihm auf seine Linie gebracht und so entsteht eine eindeutige Aussage. Und die heisst in diesem Fall: Man treibe Haydn jegliche Betulichkeit durch schneidige Tempowahl und viel Forte aus. Die Scintilla, diesmal auf der Bühne positioniert, musizierte forsch und zeitweilen arg laut, sodass das mit etwa 30 Sängerinnen und Sängern besetzte Vokalensemble La Cetra (Einstudierung: Enrico Maria Cacciari) oft Zuflucht zu lautem Singen suchen musste, um von seiner Position hinter dem Orchester und weit hinten auf der Bühne gehört zu werden. Das brachte natürlich eine ungewohnt laute Wiedergabe eines Werkes mit sich, das eigentlich in Ruhe und in Besinnlichkeit seine Bestimmung finden sollte. So wurden fast militärisch das „Halleluja“ und „Amen“ skandiert.
Bei den Solisten war nicht alles zum Besten bestellt. Der dünne, von einem Zittervibrato durchzogene Soubretten-Sopran der zierlichen und charmanten Rebecca Bettone (Gabriel/Eva), eine Engländerin, überzeugte in den Koloraturen, nicht aber in den lyrischen Stellen und in der Mittellage, wo sie kaum zu hören war. Ihr Partner Morgan Pearse (Raphael/Adam) machte mit viel Ausdruck wett, dass er keine Tiefe hatte, die er nur mit Drücken erreichen konnte. Zudem war die deutsche Aussprache von Sopran und Bass eher suboptimal. Beide übertrieben in mimischem Ausdruck und die Sängerin lächelte nach jeder Phrase ins Publikum. Nichts davon hatte Mauro Peter (Uriel) nötig, der mit seinem geschmeidigen Tenor sowohl die Koloraturen als auch die lyrischen Stellen beherrschte und mit Engagement und Ehrlichkeit seinen Haydn authentisch rüberbrachte.
Alles in allem ein auf Turbo getriebener Haydn, dessen wunderbare Musik in dieser Interpretation nie richtig in Fluss kam, dafür aber zackig und rhythmisch akkurat interpretiert wurde.
John H. Mueller