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WROCLAW/BRESLAU/ Polen: HALKA von Stanislaw Moniuszko. Premiere

Einfach nur Halka

16.12.2018 | Allgemein, Oper

Stanislaw Moniuszko: Halka, Oper Breslau, Premiere und besuchte Vorstellung 14.12.2018

Einfach nur Halka

Drei Gründe Polens Nationaloper «Halka» neu zu inszenieren führt Intendant Marcin Nalecz-Niesiolowski im Vorwort des Programheftes an: 100 Jahre polnischer Nationalstaat und 160. Wiederkehr der Uraufführung «Halkas» (Warschauer Fassung; der 170.Geburtstag der Vilnius-Fassung wird verschwiegen) im Jahr 2018 und das Moniuszko-Jahr 2019 (vom polnischen Parlament proklamiert). Zudem ist Halka das Werk, mit dem die Breslauer Oper im September 1945, als Breslau nach dem Zweiten Weltkrieg polnisch geworden war, ihren Spielbetrieb wieder aufnahm. Seither gab es 918 Vorstellungen des Werks.

                                                                                              

Von all dieser Bedeutungsschwere war bei der Premiere nichts zu sehen und nichts zu spüren. Grazyna Szapolowska hat im Bühnenbild (und Kostümen) von Brage Martin Jonassen eine absolut werkgetreue und werkdienliche Inszenierung geschaffen.

Im Zuschauerraum empfängt den Besucher die offene Bühne mit Felsaufbauten und Projektionen (Piotr Maruszak) eines Gebirges (variables Einheitsbühnenbild für die ganze Inszenierung). Es ist Nacht und kaum etwas zu erkennen. Während der Ouvertüre ist ein erstes Mal Halka mit einem Hund zu sehen. Mit dem Auftritt der Festgemeinde in ihren farbenprächtigen, folkloristischen Kostümen wird es Tag und die Sonne geht auf (Licht: Tomasz Filipiak). Als Halka dann auf die überraschte Festgemeinschaft trifft, ziehen dunkle Wolken auf. Janusz gelingt es Halka zu beruhigen, aber ein dunkler Schatten bleibt. Für den zweiten Akt «schrumpft» das Gebirge etwas und es kommt ein Gipfelkreuz (grosses, einfaches Holzkreuz) hinzu.

Während des Vorspiels zum dritten Akt sind Videoaufnahmen von Halka mit ihrem Hund («echt», kein Tänzer) vor der Breslauer Oper zu sehen. Als Halka und Jontek zur Dorfgemeinschaft, die sich vom Tagewerk erholt, stossen, wird es Abend und der Himmel färbt sich blutrot. Ein Adler fliegt durchs Bild. Jontek versucht erfolglos die wahnsinnig gewordene Halka mit Erinnerungen an die gute alte Zeit zu trösten. Die frisch Vermählten treten auf: Janusz wird sich angesichts der wahnsinnigen Halka seines Fehlers bewusst und Zofia erkennt das Mädchen vom Schloss wieder und stellt unerwartete Gemeinsamkeiten fest. Beide tragen das gleiche Basis-Kostüm: einen grauen Rock mit weisser Bluse und rotem Umhang. Als Halka dann begreifen muss, dass Janusz Zofia geheiratet und sie verstossen hat, will sie die Kirche anzünden. Halka bringt noch ihr Kind (von Janusz) zur Welt und vebrennt sich dann selbst.

Oberflächlich ist Halka durchaus eine banale Liebesgeschichte. Szapolowska ist hat aber tiefer geschürft und die dem Stück eigene Sozialkritik sehr gut eingebaut.

Die zweiaktige Vilnius-Fassung, uraufgeführt im europäischen Revolutionsjahr 1848, hatte wenig Erfolg, weil der Adel, im Auditorium zahlreich vertreten, hier noch deutlich negativ gezeichnet war. In der Warschau-Fassung von 1858 hat Moniuszko die negative Zeichnung des Adels durch die stärkere Gewichtung der Landbevölkerung entschärft. Die Sozialkritik aber blieb und die Oper, jetzt bei einem „durchmischterem“ Publikum, zum Erfolg.

Szapolowska macht nun, was zugleich die Errungenschaft der Oper ist, nämlich die Gleichwertigkeit von Adel und Bauerntum, am Kulminationspunkt der Oper sichtbar, wenn Halka und Zofia feststellen, dass sie die gleiche Kleidung tragen. Ganz gleichwertig sind doch (noch) nicht, denn der Halka, die wir auf den Videoeinblendungen sehen, wird der Einlass in die Breslauer Oper verwehrt. Sie steht, das Mädchen vom Land mit schweren Schuhen und dem Hund, vor den verschlossenen Türen der feinen Gesellschaft…

Der Intendant selbst hat das Orchester der Breslauer Oper mit natürlicher Autorität fest im Griff. Die Dramatik, die Farben, die Tänze, alles kommt wunderbar zur Geltung. Chor und Kinderchor der Breslauer Oper (einstudiert von Anna Grabowska-Borys) sind mit grösster Spielfreude dabei. Die Tänze übernimmt das Ballett der Breslauer Oper.

Für die  beide Hauptrollen Halka und Jontek hat die Breslauer Oper zwei Preisträger der „Stanisław Moniuszko Vocal Competition“ engagiert: Joanna Zawartko und Jury Horodecki. Zawartko gibt die Halka fast etwas zu zurückhaltend, aber mit sicherer Stimme und guter Technik. Horodecki hat mit seinem feinen Tenor manchmal Mühe sich durchzusetzen und die Konzeption seiner Rolle als Clown, als nicht „vollwertiger“ Mann (so das Programmheft) macht es dem Sänger auch nicht einfach. Karolina Filus und Szymon Mechlinski geben die Zofia und den Janusz absolut rollendeckend. Bartosz Urbanowicz gibt mit wohlklingendem Bass einen würdigen Stolnik und Jakub Michalski gibt den Dziemba, der hier zum Klerus gehört und dessen bester Freund die Schnapsflasche ist.

Alles in allem ein lohnender Abend, der auf sehr angenehme Art und Weise mit der polnischen Nationaloper bekannt macht.

Weitere Aufführungen: 18.12.2018, 25.01.2019, 27.01.2019, 05.05.2019 (Moniuszkos 200. Geburtstag), 18.05.2019. (Stand 16.12.2018

16.12.2018, Jan Krobot

 

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