Foto: Karl & Monika Forster 3. Akt
Wiesbaden Tannhäuser- Maifestspiele 2018, Vorstellung vom 27. Mai 2018
Freie Sexualität im Kontext zur konservativen Gesellschaft
Regie: Uwe Eric Laufenberg, Bühne: Rolf Glittenberg, Kostüme: Marianne Glittenberg, Licht: Andreas Frank, Video: Gerard Naziri und Falko Sternberg, Dramaturgie: Regine Palmai
Die Regie legt in ihrer Darstellung besonderen Wert auf den Umgang der unterschiedlichen Religionsgemeinschaften und einer konservativ geprägten Gesellschaft mit einer liberalen Sexualitätsausrichtung. Die Wartburggesellschaft besteht hier aus einer gemischten Gruppe von Repräsentanten, die man an ihren Kostümen leicht erkennen kann.
Bei Beginn sehen auf der Bühne sitzende Zuschauer per Video diverse Papstansprachen, die vermutlich den Kodex zur Sexualität thematisieren. Das bringt einige Personen so in Rage, dass sie sich spontan entkleiden und tänzerisch sexuelle Aktivitäten imitieren. Im weiteren Verlauf werden auf der Leinwand in kurzen Sequenzen Terrorszenen gezeigt, die auf die wirklich großen Probleme hinweisen sollen. Alle Bewegungen sind keinesfalls anstößig und passen sich den pulsierenden Takten aus dem Orchestergraben mit leicht fließenden Bewegungen an, eine einfallsreiche Deutung des Bacchanals.
Das Sängerfest im zweiten Akt gestaltet sich als Kostümfest, mit Blick auf einen großen Adler, wo die Sänger sich als Kreuzritter verkleidet haben. Folgerichtig erscheinen bei der Erwähnung des Venusberges wieder die Aktivisten auf der Bühne und es kommt zu einer tumultartigen Auseinandersetzung auf der Wartburg.
Ein übergroßes Kreuz, als Zeichen der klerikalen Macht, füllt den Bühnenraum im dritten Akt. Nach ihrem berühmten Gebet geht Elisabeth in eine unbestimmte Zukunft, während Tannhäuser nach seiner Romerzählung auf einen hell erleuchteten Hintergrund zuschreitet, ein berührender und emotionaler Schluss.
Insgesamt kann man von einer gelungenen und transparenten Inszenierung sprechen, die auch ein jüngeres Publikum anspricht.
Foto: Karl & Monika Forster 2. Akt: Solisten, Chor, Extrachor
Ein besonderes Lob gilt dem Staatsorchester unter der Leitung von Patrick Lange
Allmählich erkennt man unter seiner Leitung eine neue Form des Klangkörpers, beispielsweise seine besondere Aufmerksamkeit zu den Streichern in Kombination zu den Holzbläsern. Das Ergebnis ist ein ungemein satter Klang aus dem Orchestergraben. Auch die Sänger profitieren unter seiner Leitung, in dem er die Tempi so gestaltet, dass sich eine enorme Textverständlichkeit entwickelt. Chor und Extrachor des Hessischen Staatstheaters unter der Leitung von Albert Horne präsentierten sich auf der Bühne lautstark, während bei den Szenen, wo ihr Gesang hinter der Bühne stattfand, zu leise war.
Eine überdurchschnittliche Gesangsleistung
Allen voran natürlich der Tannhäuser, interpretiert von Klaus Florian Vogt, ein Weltstar, der überall für ausverkaufte Vorstellungen sorgt. Seine außergewöhnlichen stimmlichen Qualitäten sind hinreichend bekannt und müssen nicht mehr besonders hervorgehoben werden. Vor allem sein eindringliches Timbre erreicht die Herzen der Besucher und Richard Wagner hätte ihn vermutlich bei seiner Premiere von Lohengrin, im Jahre 1850 am Nationaltheater Weimar, mit der Titelfigur besetzt.
Bei Albert Pesendorfer als Landgraf wird man sofort an die unverwechselbare Stimme von Kurt Moll erinnert.
Sabina Cvilak konnte im dritten Akt bei ihrem gefühlvollen Gebet der Elisabeth überzeugen, das wegen der lang gezogenen Tempi immer ein Herausforderung darstellt.
Mit Markus Brück als Wolfram von Eschenbach kehrte von der Deutschen Oper Berlin ein früheres Ensemblemitglied zurück.
Alle anderen Beteiligten wurden ebenso mit dem verdienten Schlussapplaus bedacht.
Obwohl die internationalen Maifestspiele noch nicht zu Ende sind, gehörte dieser Tannhäuser zu den Höhepunkten der Festspiele 2018.
Franz Roos