Staatstheater Wiesbaden.: Mozart: La Clemenza do Tito. Eröffnung der Maifestspiele 2019 , Premiere am 1.5.19
Intendant und Regisseur UWE ERIC LAUFENBERG hat sich ein ambitioniertes Mozart Doppelprojekt für die diesjährige Eröffnung der Maifestspiele vorgenommen: Den frühen „Idomeneo“ und das Spätwerk „ La clemenza di Tito“.
Beide Opern handeln vom Herrschen, jedoch in unterschiedlichen Situationen. Die Klammer, die gefunden wurde, kann vom Rezensenten nicht beschrieben werden, da er nur im zweiten Teil zugegen war. Und dieser war äußerst gelungen und sehr schlüssig in Szene gebracht.
Im architektonisch, ästhetisch makellosem Raum, einem Treppenaufgang in einem Palast oder einer Halle (Bühnenbild: ROLF GLITTENBERG), spielt sich das ganze Geschehen des Titus ab. Menschen aus der gehobeneren Schicht kommen und gehen hier zur Ihren Arbeitsstellen. Klar und sachlich ist die Struktur, die Darsteller kommen dadurch sehr zur Geltung. Mit kleinen inhaltlichen Verschiebungen gelingt es Laufenberg, Akzente zu setzen und die nicht einfache Geschichte bis zum Ende spannend bleiben zu lassen. Ein schöner Einfall zum Beispiel ist, die Anschlagsvorbereitungen Sestos in der Königsloge spielen zu lassen, sozusagen mit Blick auf den Anschlagsort. Auch überraschend opfert sich Vitellia, die Verliererin im Machtkampf, selbst, wenn sie Gift nimmt. So nimmt das versöhnliche Ende doch eine dramatische Wendung.
Auch die Kostüme von MARIANNE GLITTENBERG sind formvollendet und geben den Figuren Charakter. Lediglich auf die Videoeinspielungen hätte ich persönlich gut verzichten können.
Musiziert wird auf sehr hohem Niveau und die Sängerbesetzung ist exquisit. MIRKO ROSCHKOWSKI als Titus bleibt anfangs sehr milde, fast unscheinbar, bäumt sich aber mehr und mehr innerlich auf und bringt seinen schlanken, biegsamen Tenor stark zur Geltung. OLESYA GOLOVNEVA brilliert als überspannte Vitellia mit einer enormen stimmlichen Spannweite ihres dramatischen Soprans und exzessivem Spiel.
Die vielleicht komplexeste Rolle ist die des Sextus, der seinen besten Freund ermorden soll und dem letztlich vergeben wird. SIVLIA HAUER singt mit dunklem Mezzosopran konzentriert und klangschön, zunehmend flammend und macht ihre Figur zum Angelpunkt der Oper.
Fein dagegen setzt sich der filigrane, hohe Mezzosopran von LENA HASELMANN in der anderen Hosenrolle Annio ab. Auch ihr gelingt eine lebendige Rollenstudie des aufrichtigen, vermittelnden Freundes. Annio zur Seite die Geliebte Servilia SHIRA PATSCHORNIKs, beide zusammen edel schwingend im Duettino, aber auch in ihrer Arie, sie mit warmen Tönen.
YOUNG DOO PARK als staatsverwaltender Publio rundet mit weichem Bass das Solistensextett ab.
Zu erwähnen ist unbedingt der szenisch eingesetzte ADRIAN KRÄMER, der die „Parto“- Arie solistisch atemberaubend auf der Klarinette mit konzertiert.
Überhaupt stellt sich das Philharmonische Staatsorchester Wiesbaden genau auf KONRAD JUNGHÄNELs Lesart ein: durchsichtig, mit dramatischem Bezug und informiert phrasierend spielen die Musiker einen immer packenden Mozart.
Der Chor unter der Leitung von ALBERT HORNE ist glänzend disponiert.
Das Premierenpublikum belohnt den spannenden Abend mit warmem, langanhaltendem Applaus.
Der Auftakt der Festspiele ist ein starkes Ausrufezeichen.
Karl Adler