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WIEN/Staatsoper DAS RHEINGOLD 30.5.2014

31.05.2014 | KRITIKEN, Oper

WIEN/Staatsoper  30.Mai 23014
Das Rheingold
11.Aufführung in dieser Inszenierung

Die göttliche Familie mit dem "Paten" Wotan, Thomasz Konieczny

Die göttliche Familie mit dem „Paten“ Wotan, Thomasz Konieczny (Foto: M.Pöhn)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Eine gute bis sehr gute Ensembleleistung mit „Luft nach oben“

 

Ein Jahr ist seit dem letzten „Ring“  im Mai 2013 an der Staatsoper vergangen, davor gab es einen wunderbaren unter Christian Thielemann im  November 2011. Weiter zurück in die Vergangenheit blickend kommt man zum Zyklus in Wien im März 2010, und davor gab es die Aufführungen im November und Mai 2009. Dirigent war jeweils der GMD, Franz Welser-Möst. “Ring“-Aufführungen ragen aus dem Opernalltag heraus, fordern nicht nur Sänger, Dirigenten und Orchester, sondern auch das Publikum in ganz besonderer Weise.

Der Vorabend zum Ring, „Das Rheingold“, auf den man als Wiener Opernbesucher lange gewartet hat, brachte insgesamt eine gute bis sehr gute und ausgewogene Vorstellung, noch aber keine Sternstunde – ein entscheidender Funke sprang nicht über, es fehlte an Spannung. Dies gilt auch für das Orchester, das einen makellosen Gesamteindruck nur durch kleine Unsauberkeiten verfehlte.Vielleicht gelingt ja der große Wurf in der zweiten Aufführung am 19. Juni – oder schon in der heutigen Walküre.

Dirigent des Rings im Mai/Juni 2014 ist Jeffrey Tate, der in Wien bisher Strauss (Ariadne und Rosenkavalier) dirigiert hat. Er arbeitet äußerst sängerfreundlich, mit großer Sicherheit, lässt Lautstärke zu und bewahrt dabei trotzdem eine klare Struktur. Er erinnert mich an die „Kapellmeister“, die an der Staatsoper von 20 und 30 Jahren zuverlässig gute Strauss- und Wagnerabende dirigiert haben; im Vergleich zu Thielemann fehlten mir aber die lyrischen Momente, das Anhalten des Atems.

Die meisten Sänger des Abends waren in ihren Rollen bereits früher in Wien zu hören. Tomasz Konieczny, der Alberich der ersten Zyklen, ist bereits im Mai 2013 als Wotan zu hören gewesen; als Alberich hat er mich sängerisch wie darstellerisch sehr beeindruckt, als Wotan weniger: die Stimme ist baritonal und eher grell in höheren Lagen, hat nicht die dunkle Färbung und die Tiefe, die man bei einem Wotan erwartet. Damit fehlt auch die stimmliche Kontrastwirkung in den Szenen mit Loge und vor allem Alberich, den diesmal Jochen Schmeckenbecher gesungen hat – sein Rollendebüt an der Staatsoper. Stimmlich überzeugend bereits in der ersten Szene mit den Rheintöchtern, war die Nibelheimszene für mich der Höhepunkt des Abends – hier kam Schmeckenbechers wirklich schönes, nobles Timbre und seine sicher geführte Stimme zur Geltung, er war ein auffallend wohlklingender Nibelung. Auch das  Orchester ließ hier keine Wünsche offen. Als ebenbürtiges Gegenüber der Loge von Norbert Ernst, der eine sehr gute sängerische Leistung erbrachte und auch darstellerisch überzeugend war.

Sehr fein auch der kurze, markante Auftritt von Herwig Pecoraro als unterdrückter Mime sowie der längere Auftritt von Boaz Daniel als gutem Donner; hervorzuheben der zweite Rollendebütant des Abends, Sebastian Kohlhepp, als Froh, mit seinem sicher geführten, schön timbrierten Tenor. Last but not least zu nennen die beiden Riesen seit Beginn der Inszenierung, der Fasolt von Sorin Coliban und der Fafner von Ain Anger.
Bei den Damen war es  Elisabeth Kulman, auf die ich mich besonders gefreut habe – auch sie war schon einmal in Wien (2010) zu hören. Eine wunderbare, klangschöne Fricka, die klagt, aber nicht keppelt, besonders berührend in den lyrischen Momenten um und mit Freia, diesmal gesungen von Caroline Wenborne, die sich von ihrer anfänglichen Rolle im Ring als Gerhilde gut weiterentwickelt hat, gestern aber keinen idealen Abend hatte, die Stimme klang mitunter in den Höhen etwas scharf. Eindringlich aber war die Erda der Janina Baechle, und harmonisch die Rheintöchter (Simina Ivan, Ulrike Helzel und Alisa Kolosova), wobei mir die Wellgunde von Ulrike Helzel  in den letzten Jahren stets besonders positiv aufgefallen ist, so auch diesmal.

Kräftiger, aber sehr kurzer Applaus, nach zwei Solovorhängen für die Sänger verließ das Publikum die Oper. Erfreulicherweise hat das ca. vier Monate alte Baby (!), das neben mir auf dem Schoß seines Vaters lag, das Rheingold im Wesentlichen verschlafen und erst um 21.15 Uhr zu mucksen begonnen, worauf es von den Eltern doch aus dem Zuschauerraum getragen wurde.

Susanne Kosesnik-Wehrle

 

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