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WIEN/Kammeroper/Neue Oper: WOYZECK 2.0 – Premiere

18.04.2012 | KRITIKEN, Oper

Kammeroper/Neue Oper Wien
ERFOLREICHE URAUFFÜHRUNG VON „WOYZECK 2.0“ DURCH NEUE OPER WIEN (17. April 2012)

Durchschlagender, großer Erfolg für die „Neue Oper Wien“ von Walter Kobera. Die Auftrags-Komposition des 35jährigen bayrischen Komponisten (und Film-Spezialisten) Markus Lehmann-Horn unter dem anspruchsvollen Titel „Woyzeck 2.0“ kommt beim Publikum gut an. Der Komponist hat übrigens den Text selber verfasst – allerdings nach einer Erzählung des aus Königsberg stammenden deutschen Schriftstellers Michael Schneider.

Die Regie des 30jährigen Österreichers mit chilenischen Wurzeln Alexander Medem in  Bühnenbildern des Schweizers Gilles Gubelmann ist modern, phantasievoll und kommt ohne „Mätzchen“ aus. Und die musikalische Dynamik  des Amadeus-Ensembles unter der Leitung von Walter Kobera kann sich auf eine exzellente Besetzung stützen, aus der vor allem die weibliche Hauptdarstellerin der Klara – Jennifer Davison – hervorragt. Sie sieht aus wie ein TV-Serienstar und singt phantastisch.

Und das Thema der Oper? Eine Theatertruppe probt Woyzeck von  Georg Büchner – private Probleme vermischen sich mit der Theaterarbeit; die Hauptdarstellerin verliebt sich in einen inhaftierten Gewalttäter und als Woyzeck 2.0 unerwartet  aus dem Gefängnis freikommt, kippt das Ganze fast in eine Tragödie – doch Klara flüchtet in die Welt des Theaters, in der die wahren Abenteuer stets nur  im Kopf stattfinden. Das Regiekonzept von Alexander Medem siedelt „Woyzeck 2.0“ an der Grenze zwischen Slapstick und Stilisierung an und es wurde offenbar mit dem Ausstatter aus der Schweiz bestens kommuniziert.  Das Werk dauert etwas über eineinhalb Stunden, die Musik geht einigermaßen ins Ohr – sie ist  offenbar am Schnittpunkt zwischen Alban Berg, Paul  Hindemith und Friedrich Cerha  angesiedelt – und die Grundaussage  des Werkes  ist nicht zu kompliziert. Allerdings sollte man Woyzeck von Büchner  gut  kennen. Bleiben noch die wichtigsten übrigen Protagonisten zu erwähnen: Johannes Leutgeb gibt einen eher introvertierten „Gewalttäter“ Georg, Regisseur Grünberg wird von  Wilhelm Spuller recht komisch überzeichnet und Celia Sotomayor zeigt als Dame in Lila enormes Stimmvolumen. Auffallend auch  die gekonnte Lichtregie von Norbert Chmel.

Die Neue Oper unter Walter Kobera kann sich zur Stückwahl und professionellen Produktion gratulieren. Roland Geyer, der die Kammeroper in Zukunft nicht nur der Neuen Oper Wien anbieten will, kann auf einen mehr als ermutigenden Auftakt verweisen. Und was unterscheidet Wien von Paris, London oder New York – schon lange nicht nur die  Wiener Philharmoniker. Es ist die freie Opernszene Wiens, um  man uns in Berlin und Madrid, Rom und München beneidet . Mit Recht!

Peter Dusek

 

 

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