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WIEN/Festwochen/ Theater an der Wien: BLUTHAUS von G.F.Haas. Uraufführung

21.05.2014 | KRITIKEN, Oper

Wiener Festwochen im Theater an der Wien            Georg Friedrich HAAS:  BLUTHAUS                                                            Tangerine Dream lässt grüßen

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Foto: Ruth Waltz

Der in Vorarlberg aufgewachsene Komponist Georg Friedrich Haas, geboren 1953, hat rechtzeitig für die Wiener Festwochen seine 2011 bei den Schwetzinger Festwochen uraufgeführte Oper „Bluthaus“ über eine inzestuöse Vater-Tochter-Beziehung nach einem Libretto von Händel Klaus, geboren 1969, überarbeitet, sodass diese Neufassung nun mit dem Etikett „Uraufführung“ versehen, im Rahmen der Wiener Festwochen 2014 gezeigt wurde.

Zur Handlung: Wir befinden uns in einem Haus in Niederösterreich, das die junge Erbin Nadja Albrecht verkaufen möchte. Ihre Mutter hat einst den Vater wegen seines inzestuösen Verhältnisses zu Nadja erstochen und sich selbst die Kehle aufgeschnitten. Seit jener Zeit hört Nadja die Stimmen der toten Eltern und wird von ihnen in ihren Wachträumen verfolgt. Ein Makler führt den interessierten Käufern das Haus vor, doch bald werden sie vom herbeigeeilten Ehepaar Schwarzer aus der Nachbarschaft über die Hintergründe dieses Hauses aufgeklärt. Die Käufer fliehen, Nadja vertreibt den Makler und auch Frau Hallosch, die das Programmheft als eine „Besichtigungetouristin“ anführt. Sie bleibt alleine im Haus zurück.

Der Topos des bösen Hauses ist nicht zuletzt von Hitchcocks „Psycho“ oder Kubricks „Shining“ her bekannt. Auf dem Gebiet der Oper begegnet uns das verwünschte Haus schon bei  Stanisław Moniuszkos Oper „Straszny Dwór“ (Das Geisterschloss). Ähnlich unheimlich sind die Vorgänge auch in Benjamin Brittens Oper „Owen Wingrave“ und das Thema des Kindesmissbrauches und der Geistererscheinungen wird auch ausgiebig in dessen Oper „The Turn of the Screw“ abgehandelt.

Das inzestuöse Vater-Tochter-Verhältnis, das zur Ermordung des Vaters führt, hat auch Tobias Picker in seiner im Vorjahr in San Francisco uraufgeführten Oper „Dolores Claiborne“, basierend auf dem Roman von Stephen King, behandelt.

Was nun die Musik von Haas betrifft, so beginnt die Oper, ohne Overtüre, mit einer Vocalise à capella der toten Eltern. Die sanft anhebende Orchestermusik ist über weite Strecken meditativ mit eingestreuten Clustern. Gegen Ende ertönt eine lange Passage, die mich sehr stark an die Musik der deutschen Pioniergruppe für elektronische Musik, Tangerine Dream, mit ihrem Album „Force Majeur“ (1979), erinnerte. Gegen Ende der Oper gelangen verschiedene Glocken um Einsatz, vielleicht mit einer mehr oder weniger gewollten musikalischen Reverenz an Tan Dun?

Peter Rundel leitete das Orchester des Klangforums Wien mit Verve. Peter Mussbach, zeichnete für die sensible Personenführung verantwortlich und gliederte zusätzlich die Bühne als Ausstatter in zwei Ebenen: Im Untergeschoß bewegten sich vornehmlich die Gäste und fallweise die toten Eltern. Im Obergeschoß in erster Linie Nadja Albrecht mit ihren toten Eltern und der Makler.

Die Geschoße waren mit einer Wendeltreppe auf der linken Seite verbunden. Die Szenerie wechselte fallweise in einen geschlossenen Raum mit bedrohlich wirkenden Wänden, der die klaustrophobe Abgeschiedenheit der Gäste zusätzlich unterstrich. Andrea Schmitt-Futterer steuerte kleidete alle Mitwirkenden in Kostüme des Hier und Heute. Alexander Koppelmann sorgte für die eine gespenstische Ausleuchtung der Bühne und Nils Momme Hinrichs sowie Torge Møller von fettFilm sorgten gegen Ende der Oper für eine kurze Videoeinspielung, die wenig zur Handlung beitrug.  

In den Hauptrollen überzeugten Sarah Wegener als Nadja Albrecht, und Ruth Weber sowie Otto Katzameier als ihre toten Eltern Natascha und Werner.

Countertenor Daniel Gloger gefiel als verzweifelter Makler Axel Freund, der sich vergeblich um Nadja bemüht. 

Das große Personal an interessierten Käufern überzeugte stimmlich wie darstellerisch durch seine menschlichen und allzu menschlichen Eigenarten. Genannt seien an dieser Stelle in der Reihenfolge des Programmheftes: Ulla Pilz/Frau Reinisch, Veronika Rivo/Irene, Monika Huber/Frau Beikirch, Michael Duregger/Herr Fuchs, Silvia Fenz/Frau Hallosch, Michael Papst/Herr Hubacher, Hans Steunzer/Herr Maleta, Yalda Bakhtiarnia und Massud Rahnama/Ehepaar Rahmani, Michaela Mock und Thomas Mraz/Mutter und Sohn Johann Stachl, Hans-Jürgen Bertram/Dr. Strickner, Franz Josef Köpp und Carmen Wiederstein/Ehepaar Schwarzer. Und schließlich traten noch Jan-Sebastian Höhener, Saïd-Lucas Grohe und Bernhard Sengstschmid, Knaben der Opernschule für Kinder der Wiener Staatsoper, in Hundemasken als die drei Söhne des aus Südafrika angereisten Witwers Maleta, Meinhard, Jeremias und Lukas, auf.

Großer Applaus bedankte alle Mitwirkenden. Beim Auftritt der Komponisten und des Librettisten mischte sich ein zaghafter Buhrufer in den allgemeinen Jubel, dem sich der Verfasser dieses Berichtes gerne anschloss.          

Harald Lacina, 21.5.2014 

Fotos: Ruth Walz

 

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