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Wiener Staatsoper „LA BOHÈME“ 22.März 2014

23.03.2014 | KRITIKEN, Oper
Maija Kovalevska

Maija Kovalevska

Wiener Staatsoper
“LA BOHEME”
22.März 2014
407.Aufführung in dieser Inszenierung

 

Der kommende Life-Stream aus der Wiener Staatsoper wirft seine Schatten voraus, auch wenn es nur die Schattenwirkung einer neuen Frontalbeleuchtung der Szene mit Benoit ist. Darin werfen die Mansardenbewohner und ihr Zinsherr riesige Schatten an die kärgliche Mansardenwand im Hintergrund, auch die leichte Umfärbung des Bühnenmittelraumes mag ja vor allem auf dem Bildschirm gut aussehen, stellt aber doch einen Stilbruch zu der durchwegs in Pastelltönen gehaltenen Inszenierung des italienischen Altmeisters dar.

Yosep Kang kuschelt mit Maija Kovalevska

Yosep Kang kuschelt mit Maija Kovalevska

Auch die Abendregie hat für den reibungslosen Ablauf der Regiearbeit Franco Zeffirellis gesorgt, die Blödeleien im letzten Akt werden auf die Sekunde genau beendet, wenn sich Leinwand und Bildrahmen in den Schürhaken eines duellierenden Bohemie bohrt, gleichzeitig aber Musette zur Tür hereinstürzt. Dass Rodolfo das Fenster nicht zu früh wieder zuschlägt, wenn er mit den Freunden auf der Straße plaudert, auf das sollte man achten. Solche Dinge hat Puccini mitkomponiert, diesen komponierten Effekt gibt es auch im Salon Scarpias im Palazzo Farnese. Die musikalische Athmosphäre schlägt mit dem Schließen um, mal ins Unheimliche wie in Rom, mal ins Vertrauliche wie in der Pariser Mandarde.

Jedenfalls ist die Stimmung in der Mansarde mit dem ersten Schlag des Dirigenten da: Mikko Franck, bereits bekannt aus dem Theater an der Wien, ist die Entdeckung dieser Serie. Umsichtig und scheinbar mühelos lenkte und formte er mit seinen Händen den musikalischen Ablauf des Geschehens und so kommt Puccini aus dem Graben mit all dessen melodischen Einfällen, kurzen Motiven und Tuttischlägen, kurz das Polternde der Mansarde, die Zartheit um Mimi und die bittersüsse Stimmung der letzten Szene. Lebendiger Puccini.

Valentina Nafornita

Valentina Nafornità

Ein äußerst homogenes Ensemble ist den Verantwortlichen unseres Hauses in dessen Zusammenstellung diesmal gelungen, vor allem die Gleichwertigkeit des Freundesquartetts, auf das Puccini großen Wert gelegt hat. Yosep Kang, der sensationelle Einspringer vom Dezember wiederholte seine gute und wortdeutliche Leistung und ist bei seinen hohen Cs in tono voll dabei. Sein malender Kollege Adrian Eröd besitzt nicht nur blendende stimmliche Mittel für seine Rolle, nicht nur sein Gesang ist nobel, auch sein Spiel. Bei Alessio Arduini ist Schaunard in besten Händen und Jongmin Park erntete für eine einfühlsam gesungene Mantelarie sogar reichlich Zwischenapplaus.

Maija Kovalevska gestaltete das Rollenportrait einer Mimi zum mitfreuen und mitleiden, innig im Spiel und zu großen musikalischen Phrasen fähig, manchmal mit leichtem Hang zum Schrillen. Und Valentina Nafornità setzte gesangliche Glanzlichter ihrer gekonnten Darstellung der Edelhure auf.

Als Benoit und als gefoppter Alcindor trat Alfred Sramek auf und lieferte wieder zwei prachtvolle Nebenrollenportraits ab. Warum Parpignol sein “Ecco i giocattoli di Parpignol” vorne an der Rampe ins Publikum brüllt, läßt sich nur durch die bevorstehende Live-Stream-Aufführung erklären. Puccini wollte es jedoch “interno, lontano”. Wolfram Igor Derntl war der Spielzeugverkäufer. Und wieder wird der Name des Kindes verschwiegen, das die bezaubernde Phrase “Vo`la Tromba, i cavallin!” bei Parpignol abliefert. Thomas Langs Chor sorgte im zweiten Bild für laute Stimmung.

Das ausverkaufte Haus geizte während der Aufführung etwas mit dem Applaus und bedankte sich erst am Schluß mit entsprechendem Jubel.

 

Peter Skorepa

MERKEROnline
Fotos Staatsoper/Michael Pöhn

 

 

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