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Wiener Staatsoper: Giuseppe Verdi „UN BALLO IN MASCHERA“ – ER sang doch und ging in Siegerpose

04.02.2013 | KRITIKEN, Oper

ER kam doch, sang und ging in Siegerpose

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass Giuseppe Verdi schuld am Niedergang des Belcanto hätte – böse Zungen unter den Rossini-Fans im 19.Jahrhundert haben das behauptet – dann steht die gestrige Aufführung des „Maskenballs“ in der Wiener Staatsoper als Zeuge für diese Theorie. Nein, so hart will ich wieder nicht urteilen, die Einspringerin in der Rolle der Amelia und gleichzeitig Hausdebütantin am Ring hat mit ihrem hellen, kräftigen, jugendlich-dramatischem Sopran ihre Sache ganz ausgezeichnet gemacht, GABRIELA GEORGIEVA aus Bulgarien empfiehlt sich ausdrücklich für Verdi und für ein Wiederhören an unserem Haus.

Aber sonst? ER war ja doch angetreten, sichtlich wieder gesundet, hörbar noch mit „angekratztem“ Organ, dafür aber mit Höchsteinsatz, besonders in den hohen Lagen. Roberto Alagna zeigte, wie man in einem für ihn ungewohnten Fach durchaus reüssieren kann, auch wenn es an Geschmeidigkeit und Eleganz im Vortrag mangelt, und dieser Mangel ist ja nicht nur der überstandenen Verkühlung anzulasten. Schön klang das alles nicht, besonders die aufgesetzt und brachial wirkenden Spitzentöne, welche die Gesangslinie unterbrachen. Der Mehrheit des Publikums gefiel es, besonders seinen Fans, es gab viel Zwischenapplaus und immerhin am Schluss fast dreizehn Minuten Applaus. Und natürlich warf er sich vor dem Vorhang voll Jubel in die Siegerpose mit hochgestrecktem Arm.

Das Umfeld des tenoralen Helden war auch nicht dazu angetan, uns in Entzücken auszubrechen zu lassen. Gabriele Viviani kämpfte hörbar mit den Schwierigkeiten seiner Partie, des René Anckarström. Nur die Mittellage seines Baritons hat mehr Farbe und Kraft, die eng wirkende Höhe und die nur gering vorhandene Tiefe machen seinen Vortrag zu einer harten Probe für die Ohren. Der erste Teil seines „Eri tu“ war, um es hart aber treffend zu sagen, ein Gesäusel. Die Slowenin Monika Bohinec bringt sich als Ulrica halbwegs passabel ein, ihr Alt klingt zwar etwas schrill und mit etwas zu viel Tremolo, ein Umstand der die Rollengestaltung der Wahrsagerin aber nicht weiter stört. Ileana Tonca ist den Rollen, wie hier dem Oscar, vielleicht schon etwas entwachsen, es blitzt und funkelt zu Beginn nicht so wie es sollte, die Stimme hat schon die gewisse Schwere für andere Rollenangebote bekommen. Und während Tae-Joong Yang ein guter Matrose ist, sind Alexandru Moisiuc und Il Hong als Verschwörer eine zumindest stimmlich schwache Opposition. Der Richter mit der zweiten Steuerkarte bei den Ankarströms ist der stets solide Peter Jelosits.

Philip Auguin am Pult war ein rücksichtsvoller Begleiter, so dass die Vorstellung manchmal durch die Tempoanpassung an die Solisten eine gewisse Trägheit ausstrahlte. Und es war zu bemerken, dass der Tenor die Tempi im großen Liebesduett vorgab, wie auch die ungewöhnliche Länge der Generalpause. Nur in den Aktschlüssen zeigt der Dirigent, was er drauf hat und drückte gehörig auf Tempo und Lautstärke. Bei der Interpretation vermisste man also als Hörer die geschlossene und  stringente Linie, wie sie bei Verdi so wirkungsvoll sein kann.

Regieliche Feinheiten anzusprechen, das ist nicht weiter notwendig, von solchen war schon in der Premiere seitens Gianfranco de Bosio nicht viel zu bemerken. Auch in der 80. Aufführung dieser Inszenierung regiert eher die Buntheit der Szene von Emanuele Luzzati (immerhin ganz sehenswert als Paraphrase auf ein barockes Bühnenbild) – alles ungestört von Interpretationen oder Deutungen ! – und es ergibt sich bei der Personenführung alles aus der Eingebung des Augenblicks . Für viele Opernbesucher also noch ein Aufführungsstil aus der angeblich „guten alten Zeit“.

Peter SKOREPA

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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