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Wiener Staatsoper: Giuseppe Verdi AIDA

29.04.2018 | KRITIKEN, Oper

Hass und Eifersucht blitzen aus beider Augenpaare: RACHVELISHVILI und LEWIS (Foto: M.Pöhn)

 

Wiener Staatsoper

Giuseppe Verdi    AIDA
119. Aufführung in der Regie von Nicolas Joel
Samstag 28. April 2018       Von Peter Skorepa

 

Eine Aida Produktion mit nur rudimentären Anteilen der äthiopischen Mannschaft aber zu vollen Preisen, das wird zumindest die musikalisch informierten Kenner unter den Käufern der höchstpreisigen Karten an diesem Abend enttäuscht haben, aber auch die Fans auf den „billigen“ Sitzen werden nicht besonders erfreut gewesen sein. Nun ist ja kein Opernhaus gefeit vor Indispositionen in den Reihen der Sänger, es soll daher für die Aida des Abends die Unschuldvermutung gelten, dass sie bereits zum zweiten Male in dieser Serie schwer damit beschäftigt war, ihrer Form nachzusingen. So gesehen sind die Buh-Rufe, deren sich Kristin Lewis schon nach der ersten Vorstellung dieser Serie beim Schlussvorhang auszusetzen hatte, für diese so sympathische Sängerin nicht angenehm gewesen, aber auch eine Erfahrung mehr, sich nur in stimmlich vertretbarer Form zum Dienst zu melden. So war es aber auch gestern nicht ganz verständlich, dass man sich seitens der Direktion nicht veranlasst gesehen hat, sich zu einer „Ansage“ der Künstlerin, nach den Erkenntnissen der ersten Vorstellung, zu bequemen.

Der andere Teil der äthiopischen Riege, der zuständige Feldherr Amonasro selbst, machte nichts falsch, außer dass er – einst engagiert als Ensemblemitglied für Nebenrollen, und so begann er am Haus auch – aber jetzt die schöne Gelegenheit gehabt hätte zu zeigen, „welch` unermesslicher Abstand zu den anderen befestigt ist“ (Wortwahl frei nach Hofmannsthals Ariadne auf Naxos). Aber das kam nicht zustande, weder die stimmliche Ungehobeltheit noch der fehlende Ansatz zu klanglicher Pracht bei Paolo Rumetz waren danach angetan und so fällt dieser Umstand auf jene im Haus zurück, die diesen Sänger zu diesem Ausritt in eine für ihn zu dramatische Partie ermunterten. Nicht jeder Triestiner muss gleich ein Cappuccilli sein!

 

Das Original Kostüm des Amonasro in einer Ausstellung am Tag der offenen Tür   (Foto: Wr.Staatsoper)

Und wie es heute in Ägypten getragen wird.
Paolo RUMETZ im gleichen Kostüm. Neben ihm Kristin LEWIS Foto: M.Pöhn

Schwamm drüber, die schöne Gelegenheit, zu zeigen welch tatsächlich unermesslicher Abstand zwischen ihr und den anderen befestigt ist, konnte die Georgische Mezzosopranistin Anita Rachvelishvili als Amneris nachweisen, die mit ihrem Erstauftritt an diesem Hause wahre Verblüffung damit hervorrief, wie es ihr gelang, sich sofort in die erste Reihe jener Sängerinnen zu stellen, die in Wien in dieser Partie schon Triumphe feierten. Gurrende Locktöne der falschen Schmeichelei stehen ihr genauso souverän zur Verfügung wie hörenswert-sichere metallische Spitzentöne höchster Vollendung. Es war Zeit, sie in natura endlich auch in Wien kennen zu lernen.

 

Nicht nur Königstochter, auch Königin des Abends: Anita RACHVELISHVILI (Foto M.Pöhn)

Dazu alte Bekannte aus Ägypten: Der König des Ryan Speedo Green wäre der Erste gewesen, der in dieser Rolle keine gesanglichen Schwierigkeiten gehabt hätte. Er hatte sie jedenfalls auch. Und Jorge de León brachte seine bekannt durchschlagskräftige Stimme ein, leider manchmal zu oft die Grenze vom zulässigen Vibrato zum Tremolo überschreitend. Dass er die Notierungen Verdis hinsichtlich Dynamik wohlweislich oft, vor allem bei seiner Romanze und deren Schlusston gerne übersah, damit ist er mit seinem Radames wohl in bester Gesellschaft von bekannten Tenören aus Vergangenheit und Gegenwart. Und Sorin Coliban warf Stimmfülliges ein in hieroglyphischer Umsetzung.

Leonardo Navarro durfte als Bote beweisen, dass er gerne den Feldherrn gesungen hätte und die Priesterin der Caroline Wenborn assistierte am Altar der Männergesellschaft mit schönem Sopran.

Wenn es stimmt, dass ohne eine Orchesterprobe – wobei ich annehme, dass auch der Chor dabei gestellt zu sein hätte – diese Serie begonnen hat, dann wissen wir endlich, was Staatsoper 4.0 bedeudet: Repertoireserien mit 4 (vier) Vorstellungen aber 0 (Null) Orchesterproben. Das wäre ja ganz mit freudiger Billigung und im Sinne der für die Finanzen Verantwortlichen, haben wir doch ein Orchester, dass mit solchen Parforceritten souverän umzugehen weiß.

Evelino Pidó tat auch alles, um diese „Generalprobe“ gut hinter sich zu bringen, aber was neben der Organisation des musikalischen Ablaufs an Gestaltungsmöglichkeiten blieb, war manchmal durch hörbare Unebenheit an Dynamik und Uneinigkeit im Tempo und so manchem Choreinsatz beeinträchtigt.

Einem Statisten war schlecht geworden. Im ersten Bild schon und nur mit einiger Mühe konnte man ihm von der Bühne schubsen samt seinem hässlich-verzierten Speer, den er nicht fallen lassen wollte! Dabei hatte er aber die Vorstellung noch gar nicht vom Zuschauerraum aus gesehen!

 

Peter Skorepa
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