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WIENER FESTWOCHEN / Hamakom: GAVIOTA

Eine Überflüssigkeit

11.06.2025 | KRITIKEN, Theater

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Foto: Wiener Festwochen / Francisco-Castro-Pizzo

WIENER FESTWOCHEN / Hamakom:
GAVIOTA von Guillermo Cacace
Basierend auf „Die Möwe“ von Anton Tschechow
Weltpremiere Februar 2023, Apacheta Sala / Estudio (Buenos Aires)
Premiere bei den Wiener Festwochen: 10. Juni 2026,
besucht wurde die zweite Vorstellung am 11 Juni 2025

 Eine Überflüssigkeit

Fünf Damen sitzen an einem viereckigen Tisch, das Mikrophon vor ihnen identifiziert sie als Darstellerinnen des Abends, der sich „Gaviota“ nennt, ein Projekt „nach Die Möwe von Anton Tschechow“. Neben ihnen dürfen Besucher am Tisch Platz nehmen, oder auch in den Sitzreihen der Raumbühne rundum.

Der argentinische Spiritus Rector des Abends, Guillermo Cacace. spricht zu Beginn ein paar Worte auf Englisch, man erfährt, dass die handelnden Personen die Arkadina, Nina und Mascha seien sowie Kostja und Trigorin. Das ist die erste Enttäuschung des Abends, denn man hat erwartet, dass die Frauen des Stücks die Problematik einmal untereinander ausmachen (obwohl es, genau betrachtet, nur vier Frauen in der „Möwe“ gibt, zu den genannten noch Maschas Mutter). Dass nun Frauen wieder Männer spielen, hat man diese Saison bis zum Erbrechen am Burgtheater erlitten und wäre kein Grund gewesen, in den Abend zu gehen, für dessen tiefen Sinn der Regisseur im Programmzettel undurchdringliches Geschwurbel liefert.

Tatsächlich hätte man sich die eineinhalb Stunden gut und gern schenken können. Die Sprache des Abends: natürlich Spanisch. Wenn man, wie es mir passiert ist, seine Brille vergessen hat (selber schuld, kein Mitleid) und folglich keine Ahnung hat, was da verhandelt wird, ist man chancenlos zu wissen, worum es genau gehen soll (und ob Tschechows Text gesprochen wird).

Immerhin identifiziert man nach und nach die Damen (ihre Namen kennt man nicht, das Programm bliebt die Identifikation schuldig). Die erste, die das Wort ergreift, stellt sich als Mascha vor, die laut Programmzettel von der Nebenrolle aufgewertet werden soll.. Die lautstarke, langhaarige Lady ist zweifelsfrei die Arkadina. Sohn Kostja (auch an der kurzfristigen Binde am Kopf zu erkennen) sitzt in Gestalt einer exzessiven jungen Dame neben ihr. Er und Nina, am anderen Ende des Tisches, dürfen in Gebrüll ausbrechen und sich auch zuckend über besagten Tisch werfen, und im Zentrum sitzt eine nicht mehr junge, ziemlich unbewegliche Blondine, die Trigorin sein soll.

Ja und? Die Darstellerinnen sind fraglos exzellent, sie „spielen“, soweit man das am Tisch sitzend, ins Mikrophon sprechend, tun kann, aber Ziel und Zweck des Unternehmens bleibt offen.

Am Ende, wenn Arkadina mit einem schrecklichen Schrei offenbar erfahren hat, dass ihr Sohn sich umgebracht hat (das Stück endet eigentlich damit, dass die Männer nicht wissen, wie sie ihr beibringen sollen, dass Kostja tot ist), lässt der Regisseur den Abend, der reichlich mit sentimentaler spanischer Musik versetzt war, Töne „tropfen“. Offenbar als Nervenprobe für die Zuschauer.

Wie lange, weiß ich nicht, denn ich bin nach zwei Minuten gegangen. Meine Geduld, Sinnloses über mich ergehen zu lassen, war aufgebraucht.

Renate Wagner

 

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