WIENER FESTWOCHEN / MuseumsQuartier:
MUSÉE DURAS
Text nach Marguerite Duras von Julien Gosselin
Weltpremiere Oktober 2024, Conservatoire National Supérieur d’Art Dramatique de Paris
Premiere in Wien: 21. Juni 2025
Dunkle Welten
Marguerite Duras (1914-1996) ist eine Ikone der französischen Literatur, obwohl oder vielleicht weil ihr Werk so sperrig, schmerzlich, vielschichtig ist – wie auch ihr Leben zwischen „Indochina“, Resistance im Weltkrieg, nie aufgegebene kommunistische Überzeugung. Sie hat ein gewaltiges Werk an Romanen, Erzählungen und auch Theaterstücken hinterlassen, von denen man eine zeitlang viele in Wien gesehen hat. Dies allerdings in den achtziger und neunziger Jahren, in das 21. Jahrhundert haben es ihre Stücke zumindest auf Wiener Bühnen nicht geschafft.
Die Wiener Festwochen lieferten nun im kleinen Raum des MuseumsQuartiers, der zu einer Raumbühne umgestaltet ist, als eine ihrer letzten Premieren einen Duras-Marathon aus Paris, gestaltet von Julien Gosselin, derzeit auch Direktor des Odéon–Théâtre de l’Europe, als Regisseur bekannt vor allem für seine anspruchsvollen Literaturprojekte. Und 11 Werke der Duras in einer zehnstündigen Folge vorzustellen, erfordert von einem Publikum langen Atem und besonderes Interesse.
In fünf „Blocks“ aufgeteilt (je ca. zwei Stunden, extra zu bezahlen), bot Block 1 zwei bekannte Erzählungen, erst „Der Mann im Flur“, eine harte Mißbrauchs-Geschichte, am Ende dann „Der Liebhaber“, eines ihrer berühmtesten Bücher, wo die Duras (eingestanden autobiographisch) in ihre Jugend in der damaligen französischen Kolonie Indochina zurück blendete und ihr Verhältnis mit einem wesentlich älteren reichen Chinesen schilderte.
Beide Male monologisch dargeboten, das erste Werk vierzigminütig in absoluter Dunkelheit, schwer verständlich durch den Nachhall, den zu eng an den Mund gehaltene Mikorophone verursachen, auch schwer in der Überswtzung mitzulesen durch dauernde Licht-Zerhacker. So bliebt es beim Atmosphärischen der Bedrohung.
„Der Liebhaber“ wurde dann von einer jungen PoC-Darstellerin im weißen Gewand erzählt, wobei sie sich körperlich durchwegs verbog und die unerlässlichen Videowände Schlagworte aus dieser von der Duras literarisch fragmentarisch angelegten Geschichte zeigten.
Dafür, dass es dem Regisseur, wie im Programm-Zettel-Gespräch zu lesen, darum geht, den „Glauben an die Literatur gegen alles und jeden zu verteidigen“, erreicht zu wenig von der Sprache das Publikum.
Im Mittelteil offenbar eine Kurzversion des Stücks „Savannah Bay“, auf der dunklen Raumbühne kaum zu sehen, aber wie üblich hat mitfilmendes Personal dafür gesorgt, dass man szenenweise die Geschichte auf der Videowand mitverfolgen konnte. Ganz anders als die Inszenierung mit Hilde Krahl (Drachengasse, 1991), an die man sich erinnert, sieht man hier nicht die Erinnerungs-Geschichte der alten Frau und des jungen Mädchens, sondern eine Französin und eine Asiatin in offenbar letaler Beziehung (samt Ermordung der Letzteren im Krankenbett) – mit einem mystischen Ende, das im Bühnennebel versinkt…Düster, düster.
Immerhin muss man zugestehen – der Pressetext der Festwochen verheißt „schonungslose Tiefenbohrungen über das Wesen von Liebe und Gewalt“, und das ist es zweifellos geworden.
Renate Wagner