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WIENER FESTWOCHEN / MuseumsQuartier: THE TALKING CAR

Eine Höllenfahrt im Autoren-Hirn

17.06.2024 | KRITIKEN, Theater

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Foto: Wiener Festwochen

WIENER FESTWOCHEN / MuseumsQuartier, Halle E: 
THE TALKING CAR von Agnieszka Polska
Eine Produktion von BoCA – Biennial of Contemporary Arts (Lissabon)
Uraufführung: September 2023. Lissabon
Premiere bei den Wiener Festwochen: 16. Juni 2024 

Eine Höllenfahrt im Autoren-Hirn

Wenn die schmale junge Dame vom Typ Sandra Hüller, die sich beim Schlußapplaus von „The Talking Car! Im Wiener MuseumsQuartier mit den Darstellern verbeugt hat, die Verantwortliche des Abends war, fragt man sich wirklich, was in diesem Kopf vorgeht. Agniezska Polska ist eine polnische Performance-Künstlerin und Filmemacherin, die in dieser eineinhalbstündigen Arbeit nicht weniger möchte, wie es in einem Interview heißt, als „die surrealen Verhältnisse einer apokalyptischen Welt“ aufzuzeigen. Nun, das ist ihr gelungen, und die Wiener Festwochen haben es uns präsentiert.

Die Autorin / Regisseurin quält nicht nur die Darsteller, die sie eineinhalb pausenlose Stunden in ein Auto zwängt, sie quält auch das Publikum, das den Protagonisten  zusätzlich auf einer Videoleinwand zusehen kann, während das Auto mithilfe aller digitalen Effekte in Höllentempo über nächtliche Landstraßen oder unter Tags durch amerikanische Landschaften gehetzt wird. (Müde Augen und Kopfschmerzen sind im Kartenpreis inbegriffen.) Per Verstärker bekommt man die Dialoge der fünf Beteiligten mit. Was sie eigentlich wollen, das bleibt allerdings unklar, nicht, weil man des Englischen nicht mächtig wäre, sondern weil es der Text der Autorin / Regisseurin an jeder greifbaren Sinnhaftigkeit ermangeln lässt. Da nützen auch gewundene Erklärungen im Programmheft nichts.

Sie fahren also und fahren, der Mann (unerklärlich, was er da schwätzt, später wird er mit Rauschgift ruhig gestellt), die angeblich schwanger Frau (später stellt sich heraus, sie ist es gar nicht), noch ein Mann (dessen Geschichten und Erinnerungen sich auch jeder Logik entziehen). Dass man mit solchen Idioten seine Zeit verschwenden muss, ist eine Zumutung.  Und draußen agieren zwei weitere Frauen, eine mit einer sirenenartigen Singstimme, die einen in den Wahnsinn treiben kann.

Und das ist wohl auch die Absicht der Autorin, die so krass, schockhaft und absichtlich widerlich verfährt, wie es nur geht. Um uns zu sagen, dass die Welt „auf kan‘ Fall mehr lang“ steht?   

Möglicherweise, sie ist ja hässlich genug. Selten hat man so viele Besucher den Saal während der Aufführung verlassen sehen – die wollten sich das vernünftigerweise nicht antun. Die meisten andern, die vermutlich ein Masochismus-Gen in sich tragen müssen, haben applaudiert.

Renate Wagner

 

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