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WIEN/CINEPLEXX / Die Met im Kino: RIGOLETTO

16.02.2013 | KRITIKEN, Oper

16.02.2013   MET/Kino   „Rigoletto“

Sehr überraschend wird der Neuerungsschub an der MET zügig fortgesetzt. Die neue Produktion von Verdis Rigoletto (Regie Michael Mayer, Bühnenbild Christine Jones, Kostüme Susan Hilferty und der Choreograph Steven Hoggett) kann man durchaus als gelungenen Versuch, die Oper in die – relative – Gegenwart zu versetzen, bezeichnen. Las Vegas 1960, mit dem berühmten Rat-Pack bildet das Umfeld für die Handlung, die sich gut und gerne dort ereignen hätte können (mit einigen Ausnahmen, die noch zu beleuchten sind).

Rigoletto ist der Außenseiter einer Nachtklub-Clique, deren Chef der Herzog von Mantua – hier der Parade-Entertainer – ist. Gilda wird als Unschuld vom Lande, die ein gefundenes Fressen für einen Aufreisser aus diesem Milieu ist, dargestellt. So weit so gut. Aber natürlich hat die Sache einige Haken, würde sich heutzutage jemand durch einen Fluch gänzlich einschüchtern lassen?  ? Würde sich ein Ölscheich – hier wird Monterone in diese Rolle gezwängt – ohne Weiteres (s)eine Frau ausspannen lassen, ohne seine Leibwächter dort „aufräumen“ zu lassen? Würde ein Auftragskiller (Sparafucile) eine Leiche im Kofferraum des eigenen Autos – originellerweise mit dem Kennzeichen „SPARFUC“ – vom Auftraggeber des Mordes abtransportieren lassen?

Man muss natürlich nicht alles wortwörtlich und bierernst nehmen, daher befassen wir uns lieber mit der musikalischen Seite. Da gab es leider einige Qualitätsmängel, die durch das bunte Geschehen auf der Bühne nicht verschleiert werden konnten. Der junge Dirigent Michele Mariotti ließ das gewohnt gut spielende Orchester zeitweilig sehr lähmende Tempi spielen, da wähnte man sich ein einer anderen Oper aus früheren Jahrhunderten. Auch Zelko Lucic war in der Titelrolle nicht gerade eine Glanzbesetzung. Der Fall, dass ein Sänger zwar (fast) alle Töne trifft, keine Probleme mit hohen Tönen hat, ausreichend Kraft besitzt, aber doch kalt lässt, traf hier zu. Der Stimme fehlt einfach das gewisse Etwas, das aufhorchen lässt und gefangen nimmt. Nicht viel besser traf es da Piotr Beczala als Herzog. Seine makellose, lyrische Stimme und das angenehme Timbre bestechen immer wieder aufs Neue. Aber wenn jemand so gar kein Draufgänger und Frauenheld ist wie er, wenn man ihm also nur die „braven“ Rollen abnimmt, und wenn man sieht, wie unangenehm ihm dieser Rollentyp ist, kann man nicht zufrieden sein.

Bleibt noch die Gilda des Abends, Diana Damrau. Hier wurde so gut wie jeder Wunsch, den man an Sängerinnen dieser Rolle stellt, erfüllt. Mit zauberhaft lyrischer Stimme, sicherer Höhe und doch ausreichend Kraft für die Duette mit Rigoletto und Herzog war sie der unumstrittene Star des Abends. Überdies hat sicher noch nie jemand die Sterbeszene so perfekt aus dem Kofferraum eines Autos gesungen. Sehr gut war auch Stefan Kocan als Sparafucile, der den Bösewicht mit einer gehörigen Portion an Schleimigkeit, aber auch mit gut geführtem, kernigem Bass sang. Oksana Volkova sang die Maddalena durchaus ordentlich, der gewünschte Typ „Vamp der Sechzigerjahre“ war sie wohl nicht. Alles in allem ein überwiegend positiver Abend, der zumindest den Vergleich mit anderen Modernisierungsversuchen „Wiener Volksoper) haushoch für sich entschied.       

Johannes Marksteiner

 

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