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WIEN / Wien Museum. SECESSIONEN

Gipfeltreffen der Superstars

23.05.2024 | Ausstellungen, KRITIKEN
   

WIEN / Wien Museum.
SECESSIONEN.
KLIMT, STUCK, LIEBERMANN
Vom 23. Mai 2024 bis zum  13. Oktober 2024

Gipfeltreffen der Superstars

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Schon im ersten Abschnitt der Ausstellung hängen sie mit ausgesuchten Meisterwerken nebeneinander – Max Liebermann, Franz von Stuck, Gustav Klimt. Die drei Galionsfiguren jener Bewegung, die man „Secession“ nannte und die in München, Wien und Berlin ihre jeweils eigenständige Ausprägung erlebte. Gegründet Ende des 19. Jahrhunderts, „hielten“ sie nicht lange, waren aber nicht nur künstlerisch, sondern auch kunsthistorisch von überragender Bedeutung. Im Wien Museum führt man die drei Richtungen in einer bemerkenswerten Großausstelllung zusammen.

 

Von Renate Wagner

Abspaltung – warum?    Die Ringstraßen-Epoche war die hohe Zeit des Historismus, Architekten belebten alte Stile, griechische Tempel, gotische Rathäuser, Renaissance-Anlagen, Skulpteure arbeiteten nach bewährten Mustern, und die Maler konnten gar nicht bunt, üppig und in der Thematik „historisch“ genug sein. Es war eine Epoche explodierender Repräsentation. Kein Wunder, dass eine ganze Riege junger Künstler sich davon nicht angesprochen fühlte und Neues, Anderes wollte. Der Satz „Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit“ ziert in Wien das Secessions-Gebäude, ein Prunkstück der Stadt.

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München, immer Deutschlands Kunsthauptstadt, propagierte 1892 zuerst die „Secession“, die Abspaltung, den programmatischen Gegenpol. In Wien folgte 1897 der Auszug der Jungen aus dem konservativen, aber noch marktbeherrschenden Künstlerhaus. In Berlin formte sich die dortige Secession 1899. Der Wiener „Jugendstil“, wie Klimt ihn (mit starker Betonung der Ornamentik) prägte, wird in Wien selbst quasi  aus Synonym für „Secession“ betrachtet, aber das galt keineswegs für die anderen Städte. In München prägte Stuck einen eigenen neuen Symbolismus, in Berlin Liebermann einen eigenständigen deutschen Impressionismus. Die neue Bewegung war kein Stil, sie war eine Ideologie.

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Die Ausstellung     Gemeinsames, aber auch Divergierendes will die Ausstellung über „Secessionen“ zeigen, die Ralph Gleis erdachte. Einst viele Jahre lang geschätzter Kurator im  Wien Museum, leitet er nun als Direktor die Alte Nationalgalerie Berlin und lässt gerade mit dieser nun realisierten  Idee hoffen, dass man in ihm den  richtigen nächsten Albertina-Direktor (als Nachfolger von Schröder) gefunden hat. Kunst zu zeigen, aber auch zu interpretieren, in der Darstellung Zusammenhänge klar zu machen und Alleinstellungen zu definieren, das ist ihm in Zusammenarbeit mit Ursula Storch, der bewährten Kuratorin des Wien Museums, gelungen. Die Ausstellung lief bereits in Berlin und war dort ein Publikumshit, was sich für Wien auch leicht voraussagen lässt – ein solches Gipfeltreffen von Superstars der Malerei findet sich selten.  Die Ausstellung auch in München  zu zeigen, wäre aus logistischen Gründen unmöglich gewesen, obwohl diese Stadt gleichberechtigt „mitspielt“ – man hat in rund 140 Gemälden, Skulpturen, Graphiken, Plakaten und Objekten von etwa 80 Künstlern alle drei Städte mit zentralen Werken abgedeckt.

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„Moderne“ Medienarbeit     Man hätte es sich leicht machen können – hier Wien, hier München, hier Berlin, drei Städte, drei Abteilungen. Aber genau das war nicht die Intention. Es geht darum vergleichsweise zu zeigen, wie einzelne Bereiche jeweils behandelt wurden – wobei die Gemeinsamkeit sicher in einer „modernen“ Medienarbeit bestand. Das bezog sich sowohl auf die starke Vernetzung untereinander wie auf die programmatische Einbeziehung ausländischer Künstler (im Gegensatz zur Abschottung). Lebhaftes Ausstellungswesen ermöglichte Künstlern Beachtung und schuf ihren Werken Kunden, Zeitschriften (da war München stark, aber Wien desgleichen) trugen Informationen in ein breites Publikum. Die Künstler wussten, dass sie sich um ihre eigene Bekanntheit kümmern mussten. Spektakuläre Plakate und Beispiele für Druckschriften  sind reichlich vertreten.

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Die neuen und alten Themen    Die alten Themen des Historismus waren bekannt. Historienbilder, Bibel- und Heiligendarstellungen, Schlachtenbilder, martialische Porträts von Militärs kamen für die Secessioinisten absolut nicht in Frage. Symbolistisches hingegen schon, was nicht nur die „Pallas Athene“ zeigt. Franz von Stuck hatte sie zur „Schutzheiligen“ der Secession erklärt. Sein Gemälde hängt neben der „Pallas Athene“ von Gustav Klimt, die in derselben Haltung auf den Betrachter blickt, aber doch um einiges dämonischer und auch herausfordernder wirkt – nicht zuletzt dadurch, dass ein Fratzengesicht auf dem Brustpanzer die Zunge heraus streckt…

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Die großen Namen     Das Wien Museum selbst besitzt zahlreiche großartige Werke zum Thema, Klimts Bildnis von Emilie Flöge, Max Kurzweils immer wieder als „Eye Catcher“ bewährte „Dame in Gelb“,  anderes, wie Klimts „Sonja Knips“ und Landschaften hat man von Wiener Kollegen-Häusern geliehen (wobei weiter kein ausgesprochener Schwerpunkt auf das gelegt wird, was Klimt reich und berühmt gemacht hat, nämlich seine typischen Frauen-Bildnisse, wohl aber auf Zeichnungen). Die „Wiener“ sind weiters mit Catl Moll, Ferdinand Schmutzer, Emil Orlik, Maximilian Lenz (mit seiner berühmten „Sirk Ecke“), Josef Engelhart, Otto Wagner (einem leider nie ausgeführten Modell), Kolo Moser, Josef Hoffmann vertreten – die Wiener Werkstätte, das Übergreifen der Kunst auf den Alltag in Möbeln, Geschirr, Design, Schmuck war hier originär (und wird mit einigen Objekten zumindest angedeutet).

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Augenmerk auf die weniger Bekannten   Es ist die Aufgabe von Ausstellungen, Neues zu bieten. Natürlich sind die großen Namen hier vertreten, die deutschen wie auch die „korresponderenden“ aus dem Ausland, von Munch bis Rodin. Aber es finden sich erstaunlich viele Künstler, deren Namen nicht so bekannt sind, zu den ausgesuchten Querschnitt-Themen wie Natur, Alltag, bürgerliches Leben und Wohnen, aber auch Blick in die unteren Klassen der Gesellschaft (etwa in ein „Altmännerhaus“ geschaut). Da wird es manche Entdeckung sowohl bei den Künstlern wie bei den Werken geben, die nicht nur – wie man oberflächlich meinen könnte – mondän und auf eine großbürgerliche Gesellschaft ausgerichtet sind.

Der Anteil der Frauen   Emilie Flöge, die Gefährtin von Gustav Klimt, hatte mir ihren „Reformkleidern“ die Frauen vom Korsett befreit, was man durchaus nicht nur real, sondern auch metaphorisch betrachten kann. Waren Frauen in der Wiener Secession vor allem im Kunstgewerbe tätig, so waren sie in Berlin von Anfang an als „echte“ Mitglieder der Secession mit dabei. So wie auch männliche Künstler von Rang angesichts der übermächtigen Leitfiguren in die zweite Reihe verbannt wurden, sind viele der Künstlerinnen von damals nur noch Fachleuten bekannt. Die Ausstellung weist etwa auf Dora Hitz oder Eugenie Breithut-Munk hin, auf Ernestine Schultze-Naumbur, Elena Luksch-Makowsky, Alice Wolfthorn, Sabine Lepsius und andere mehr. Nur Käthe Kollwitz muss man niemanden vorstellen, sie tanzt auch in jeder Hinsicht aus der Reihe. Tatsache bleibt, dass Frauen ein Schwergewicht ihrer Arbeit auf Kinderbildnisse und Porträts legten, legen mussten, weil man von den Aufträgen eines reichen Publikums leben konnte. Klimt-Preise wird wohl keine von ihnen erzielt haben…

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Die „Gesichter“   Das Ende der Ausstellung führt durch eine Porträtgalerie, wobei schon davor das eine oder andere Bildnis dieser Art zu sehen war – die Darstellung von Harry Graf Kessler durch Edvard Munch ist ein ewiges Beispiel weltmännischer Eleganz. Interessante Vergleiche lassen sich angesichts der vielen Möglichkeiten von Selbstporträts anstellen – wie Franz von Stuck sich ganz auf sein Gesicht mit glühenden Augen  und herausfordernder Attitüde konzentrierte, während daneben Kolo Moser sich seitlich, bescheiden, bürgerlich präsentiert… Secessionen waren Welten, in denen alles möglich war, solange es sich um große Kunst handelte.  

Wien Museum1.
1.Bezirk, Karlsplatz 8
SECESSIONEN. KLIMT, STUCK, LIEBERMANN
Bis 13. Oktober. Dienstag, Mittwoch, Freitag: 9-  bis 18 Uhr, Donnerstag: 9 bis 21 Uhr,
Samstag und Sonntag: 10 bis 18 Uhr,
Eintritt € 12,00 / ermäßigt € 10,00.
Freier Eintritt für alle unter 19 Jahren
und jeden ersten Sonntag im Monat

 

 

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