WIEN / Wien Museum:
FISCHER VON ERLACH
Entwurf einer historischen Architektur
Vom 1. Februar 2024 bis zum 28. April 2024
Platz für den Künstlerkönig des Barock
Man war neugierig auf die viel besprochene Ausstellungshalle, die sich das neue Wien Museum unter der „Matratze“, wie man den neuen Dachaufsatz nennt, gegeben hat. Mit der ersten Sonderausstellung des Hauses, die dem König der Barockarchitektur Fischer von Erlach gewidmet ist, konnte man erleben, was aus den 1500 Quadratmetern, die sich über das gesamte Grundareal des Hauses erstrecken, zu machen ist. Beeindruckendes, obwohl die Gestalter nicht auf die vordergründige Opulenz des Barock, vielmehr auf Übersichtlichkeit und gewissermaßen Noblesse der Präsentation setzten.
Von Renate Wagner
Johann Bernhard Fischer von Erlach Er wurde am 20. Juli 1656 in Graz geboren und starb am 5. April 1723 im Alter von 66 Jahren nach einem extrem schaffensreichen Leben in seiner nunmehrigen Wahlheimat Wien. Er kam aus der Bildhauerwerkstatt seines Vaters, aber in Italien wurde er zum Architekten, wie man von ihm sagte, immer die Dreidimensionalität der Skulptur im Blick. Geschult in Rom, fand er in Salzburg bei dem Fürsterzbischof, in Wien bei zahlreichen Adeligen und schließlich beim Kaiser Auftraggeber im großen Stil.
… und vor allem die Karlskirche Fischer, der für den Bau von Schloß Schönbrunn den Adelstitel „von Erlach“ erhielt, hat nicht nur mit diesem Schloß einen zentralen Punkt des barocken Wiens in seiner schönsten Ausformung gesetzt. Ma beauftragte ihn für das Winterpalais des Prinzen Eugen und zahlreiche Adelspaläste (darüber auch kleine Gartenpalais – neben dem Monumentalen stand ihm auch das Elegante zur Verfügung), die Fülle seiner Arbeiten ist kaum aufzuzählen. Vor allem aber war es Fischer von Erlach, der nach dem 1713 abgelegten Gelübde von Kaiser Karl VI, , nach Überwindung der Pest eine Kirche bauen zu lassen, als Sieger bei dem Wettbewerb hervor ging.
Das Ergebnis ist jener Barockbau, einst auf freiem Gelände gelegen, heute das Zentrum des Karlsplatzes und eine der berühmtesten Ansichten von Wien. Das Wien Museum liegt nur ein paar hundert Schritte entfernt und bietet von seinem Balkon im 3. Stock einen sensationellen Blick auf das Gebäude, der unbedingt als Teil der Ausstellung betrachtet werden sollte… bevor man in den 4. Stock zu den Exponaten hoch steigt und sich der Fülle von Zeichnungen, Druckgrafiken, Modellen, Gemälden, Skulpturen und Büchern widmen kann.
Die Ausstellung Gestaltet in Zusammenarbeit mit Salzburg, wo der Schwerpunkt auf den dortigen Bauten lag (fünf Kirchen: darunter in der Stadt selbst die Dreifaltigkeitskirche, die Kollegienkirche, die Ursulinenkirche, außerdem Schloss Kleßheim).
Haben Kurator Andreas Nierhaus und Ausstellungsgestalter Werner Feiersinger auf großzügige Übersichtlichkeit gesetzt. Wenn man von einer „Pyramide“ begrüßt wird, erinnert das zu Beginn an Fischers Aufenthalt in Rom und die dortige Cestius-Pyramide,. In der Folge schreitet man sein Schaffen inhaltlich (ein Modell von Schloß Kleßheim etwa) und formal ab, an den Wänden begleitet von seinen berühmten Originalzeichnungen und zahlreichen Stichen.
Man hat nicht nur mit Einzelobjekten wie barocken Riesengemälden Atmosphäre geschaffen, sondern auch besondere Schwerpunkte gesetzt, etwa einige Tische mit barocker Literatur über Baukunst, woran man ermisst, wie wichtig das Thema damals war. Einen näheren, zeitgenössischen Blick auf Fischers Schaffen vermitteln großformatige Fotografien an den Wänden, nicht nur mit Blick auf Schwerpunkte seines Stils, sondern auch schlechtweg auf die Ästhetik seines Schaffens.
Die Universalität und Diversität des Blicks Von besonderer Bedeutung ist das von Fischer von Erlach 1721 herausgegbene Werk „Entwurff Einer Historischen Architectur“, was nicht weniger als die erste Weltgeschichte der Baukunst in Bildern bedeutet. Ein Exemplar liegt in der Ausstellung, zahlreiche der darin enthaltenen Kupferstiche sind an den Wänden zu sehen und zeigen, wie offen, weitgespannt und divers Fischer von Erlach die Welt betrachtete, in einer Zeit, wo ein verengendes Weltbild auf den Katholizismus nicht selten war. Doch er stellte dort auch den Tempel von Jerusalem dar und etwa die Pyramiden als Teil der Weltwunder der Antike, Beweise für einen offenen Geist, der Barock auch nie als Enge, sondern Weite begriff.
Wien Museum / 4. Stock (mit Eintrittskarte)
Fischer von Erlach
Von 1. Februar 2024 bis zum 28. April i2024
Dienstag bis Freitag von 9- bis 8 Uhr
Wochenende von 10 bis 18 Uhr.