WIEN / Wien Museum:
KONTROLLIERTE FREIHEIT
DIE ALLIIERTEN IN WIEN
Vom 10. April 2025 – 7. September 2025 (Renate Wagner)
Damals, nach dem Krieg…
Vor 80 Jahren, im April 1945. endete der Zweite Weltkrieg. Für die Verlierer, Deutschland und das aus der Ostmark wieder erstandene Österreich, brachen gänzlich neue Zeiten an. In Österreich zogen die vier Siegermächte ein, teilten das Land unter sich in jeweils ihre Einflußsphären auf – und taten dies auch in der Hauptstadt Wien. Die verschiedenen Bezirke standen unter amerikanischer, englischer, französischer oder russischer (sowjetischer) Verwaltung. Nur der Erste Bezirk gehörte allen, dort patrouillierten dann die legendären „Vier im Jeep“ (die an ihren Uniformen zu identifizieren waren). Wien damals – das Wien Museum zeigt mit einer überwältigenden Fülle von Objekten, wie die „Kontrollierte Freiheit“ unter den „Alliierten in Wien“ funktionierte.
Von Renate Wagner
Eine andere Welt Für viele war es eine Befreiung vom Regime der Nationalsozialisten, aber die Ausstellung, die viele zeitgenössische Stimmen als Zitate an die Wand wirft, reflektiert auch die Verwirrung jener, für die eine Welt, an die sie geglaubt hatten, zusammen gebrochen war. Nun musste man den „Befreiern“ und nach deren Regeln und Vorgaben leben. Lange Zeit übrigens mehr schlecht als recht, viele Menschen verhungerten angesichts des Nahrungsmittelmangels. Vor allem aber ging es den Alliierten, vor allem den Russen und Amerikanern, darum, dem ehemals nationalsozialistischen Gedankengut stark den Kommunismus einerseits, die amerikanische Lebensform entgegen zu stellen. Das Kuratorenteam Oliver Rathkolb, Elisabeth Heimann-Leitner und Anne Wanner arbeitet das differenziert heraus.
Umerziehung Die Rote Armee ließ sich als Befreierin Wiens auf Plakaten loben – und der Schwarzenbergplatz wurde zum Stalin-Platz umbenannt. Dankeskundgebungen an die Sowjetunion wurden verordnet. Der Bevölkerung die Nazi-Verbrechen in vielen Filmen vor Augen zu führen, war ein primäres Anliegen, die „Entnazifizierung“ wurde für viele Menschen zur Zitterparie. Der Kommunist Ernst Fischer, einst nach Moskau geflohen, kam in wichtigen Ämtern zurück und schrieb ein Buch über den „Österreichischen Volkscharakter“, um der Bevölkerung nachdrücklich zu erklären, dass man eben keine Deutschen sei.
Parallele Welten Weit besser als der Wiener Bevölkerung ging es den Besatzern, die teils mit ihren Familien in Wien lebten, ihre eigenen Geschäfte hatten, die für Einheimische streng Off limits waren, für die es Freizeitangebote aller Art (Skikurse!) gab, die in ihren eigenen Clubs verkehrten, aus denen (so es Amerikaner waren) die Jazz-Musik ertönte, und die sich mit ein paar Zigaretten oder Nylonstrümpfen beliebt machen konnten – bei jenen Wienern, denen sie nur als Dienstpersonal begegneten.
Ohne Kultur geht es nicht Dass es in Wien ohne Kultur nicht geht, wusste man anscheinend. Der schnellste Weg, etwas wie Normalität herzustellen, schien die Öffnung der Theater. Allerdings waren Burg und Oper zerstört – die Ensembles wurden von den Sowjets ins Ronacher und ins Theater an der Wien umgeleitet und begannen zu spielen. Man sorgte auch für Kasperltheater und für Konzerte – schon damals, in den zehn Jahren der Besatzung, gastierte Leonard Bernstein (später der von Wiener Musikfreunden in den Himmel gehobene „Lennie“) als Dirigent der Wiener Symphoniker im Konzerthaus.
15 Minuten Russisch „Kultur“ wurde auch auf anderen Wegen verbreitet. Im englischen Leseraum gab es Lektüre in dieser Sprache, aber auch die Russen legten Wert darauf, dass man ihre Sprache lernte (was ihnen ja im gesamten damaligen „Ostblock“ flächendeckend gelungen ist). Zeitungen wurden gegründet (darunter „Das Neue Österreich“), die neue Weltsichten verkündeten, wobei USA und die Sowjetunion, die später fugenlos in den „Kalten Krieg“ übergingen, ideologisch natürlich äußerst divergierend waren. Das Radio war wichtig, der Sender Rot-Weiß-Rot begann seine Tätigkeit, ebenso bedeutend wurde für die breite Bevölkerung das Kino – man erlaubte sogar eigene österreichische Filmproduktionen mit „unbelasteten“ Schauspielern, aber am liebsten sahen die Wiener ja doch „Vom Winde verweht“…
Nach zehn Jahren 1955 war es so weit. Generationen von Österreichern dankten es Leopold Figl, Julius Raab und Bruno Kreisky, die nach Moskau gefahren waren und den Staatsvertrag aushandelten, dass ihnen das Schicksal der DDR und anderer Ostblock-Länder erspart blieb. „Österreich ist frei“ ist einer der ergreifendsten Momente in der langen Geschichte dieses Landes.
Wien Museum
Kontrollierte Freiheit
Die Alliierten in Wien 10.April – 7. September 2025
Dienstag, Mittwoch, Freitag, 09:00–18:00
Donnerstag, 09:00–21:00
Samstag bis Sonntag, 10:00–18:00
Am 1. Mai geschlossen