WIEN / Weltmuseum (WMW) neu eröffnet
Permanente Schausammlung im Mezzanin
Alte Schätze, neu kommentiert
Die Räumlichkeiten sind dieselben, die gebotenen Schätze sind es auch, und doch ist aus dem einstigen „Museum für Völkerkunde“ am Heldenplatz nun das „Weltmuseum Wien“ (mit dem Kürzel WMW) geworden, und die Präsentation der Objekte ist ebenso eine andere wie der Zugang, den man gerade heute zur Problematik dieser Art von Museen nimmt. Vieles neu also in einem Haus, das trotzdem nach wie vor den Reiz der Exotik, den Zugang zu fremden Lebens- und auch Denkwelten bietet.
Von Renate Wagner
Einladung zum Schnuppern Das Weltmuseum spielt sich auf zwei Ebenen ab (der oberste Stock des Gebäudes, mit der Eintrittskarte zugänglich, ist nach wie vor der höchst sehenswerten Hof-, Jagd- und Rüstkammer gewidmet). Im Parterre, wo nun ein einladendes Café und ein großzügiger Bookshop warten, gibt es in den Ausstellungsräumen einzelne „Gustostücke“ – Werke, die von den jeweiligen Kuratoren ihrer Abteilungen ausgewählt wurden (und die sie auf kleinen Videoschirmen auch kommentieren). Die Eintrittskarte wird erst verlangt, wenn man die Treppen hochgeht – das Schnuppern im Parterre ist also kostenlos, lädt zum Besuch ein, verpflichtet aber noch nicht zum Kauf einer Karte.
Der Kopfschmuck liegt jetzt… Man kennt zum großen Teil, was den Besucher in den 14 Sälen des Mezzanins (das eigentlich der erste Stock ist) erwartet, wobei es vielleicht nicht die optimale Entscheidung war, das berühmteste aller Objekte, den altmexikanischen Federkopfschmuck „Penacho“ (früher hat man „die Krone des Montezuma“ dazu gesagt) halb liegend (und noch dazu auf dunklem Hintergrund!) zu präsentieren: gerade stehend (wie er früher zu sehen war) ist er entschieden wirkungsvoller. In diesem Saal zeigt sich, wie in den anderen, gleich beim Eintritt die Tendenz, Stücke der Vergangenheit mit Gebrauchsgegenständen von heute zu konfrontieren, also beispielsweise die Frage nach „Mexiko“ bis in die Gegenwart herauf zu ziehen.
Orient, Ferner Osten, Südsee Dicht gestellt und gehängt, reich beschriftet (aber bei den Objektbeschriftungen oft zu klein, um gut lesbar zu sein, weil alle Räume sich in schummrigem Halbdunkel befinden, um die Objekte zu schonen), entfaltet sich der Reichtum dessen, was man besitzt, mit spektakulären Höhepunkten, ob es ein großer roter chinesischer Thron-Stellschirm ist, ob das einen halben Raum ausfüllende Modell einer japanischen Daimyo-Residenz, ob jene Federbüste aus Hawai, die das Museum auch als Motiv wählte, als eine Briefmarke zur Wiedereröffnung des Hauses ausgegeben wurde. Man ist reich bis überreich an Altem, schlägt aber immer die Brücke zum Neuen – eine Phalanx von Baseball-Kappen scheint einen mächtigen indianischen Kopfschmuck, der ihnen gegenüber hängt, geradezu zu grüßen…
Woher kommt das alles? Das Museum schlägt immer wieder die Brücke zur eigenen Vergangenheit, ob man den Bezug zu Brasilien würdigt (als Erzherzogin Leopoldine Kaiserin von Brasilien wurde, schickte ihr Vater, Kaiser Franz I., eine große wissenschaftliche Expedition ins Land, die mit reichen Beständen und auch Erkenntnissen wieder kam), ob man an die großen Forscher der Wiener Völkerkunde (etwa Etta Becker-Donner) erinnert. Es liegen kostbare alte Reiseberichte (damals vor allem mit Kupferstichen reich bebildert) aus, aber man fragt auch nach Kolonialismus (wobei für Österreich hier die Unschuldsvermutung gilt, die Habsburger-Monarchie hat fremde Welten nicht ausgebeutet wie Briten, Franzosen, Spanier, Belgier u.a.), nach Sammelwahn, nach dem „Kulturkampf“, der auf das Urteil der Minderwertigkeit nichtweißer Völker hinauslief. Natürlich ist auch Wanderung ein Thema, das zur heutigen Migration führt, und so bleibt nichts in dieser Neuaufstellung des Alten unkommentiert.
Viele Besuche nötig Die Bestände des Museums gehen in die Hunderttausende, aber allein das Gezeigte übersteigt das Fassungsvermögen bei nur einem Besuch. Man muss immer wieder kommen und sich möglichst auf einen Bereich konzentrieren, wenn man wirklich tiefer in die hier gebotenen Welten und Gedankengänge eintreten will. Nun, das Weltmuseum ist offen und lädt ein. Ein kostenloser Raumplan liegt auf. Sonderausstellungen mit Werken zeitgenössischer Künstler gibt es in den Räumlichkeiten rechts an der Eingangshalle.
Weltmuseum Wien, Heldenplatz
Geöffnet täglich außer Mittwoch 10 bis 18 Uhr, am Freitag bis 21 Uhr
Es gibt eine Jahreskarte um € 44
Ein Online-Ticket kann digital im Internet oder auf dem Smartphone gebucht werden