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WIEN / Weltmuseum: ALMA M. KARLIN – EINSAME WELTREISE

18.09.2021 | Ausstellungen, KRITIKEN

karlin plakat 2~1

WIEN / Weltmuseum: 
ALMA M. KARLIN
EINSAME WELTREISE
Vom 16. September 2021 bis zum  18. Jänner 2022

Mit der „Erika“ um die Welt

karlin erika schreibmaschine yy~1

Ihre slowenischen Landsleute haben ihr zuletzt übel mitgespielt, bis Alma M. Karlin 1950 elend, halb verhungert in ihrer Heimat gestorben ist. Dabei war sie in der Zwischenkriegszeit eine der bekanntesten Reisenden und Schriftstellerin im deutschen Sprachraum gewesen. Aus der Enge ihrer Geburtsstadt hinaus, ging sie ohne Rückhalt allein, nur mit ihrer Schreibmaschine der Type „Erika“ bewaffnet, in die Welt. Heute versuchen vor allem slowenische Frauen, die Erinnerung an diese lange vergessene, außergewöhnliche Persönlichkeit wieder zum Leben zu erwecken.

Von Renate Wagner

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Alma M. Karlin     Geboren am 12. Oktober 1889 in Cilli, war das heute slowenische Celje damals Teil der Habsburger-Monarchie, und die Karlins gehörten zur deutschsprachigen Bevölkerung. Alma verlor früh den Vater, hatte eine spannungsreiche Beziehung zu ihrer Mutter, die zu dem Entschluß beitrug, ihre Umwelt zu verlassen. Schon mit 18 Jahren ging Alma nach London, und Zeit ihres Lebens hat sie ihren Unterhalt selbst finanziert, meist mit ihrer Begabung für Sprachen. Sie beherrschte Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch. Russisch, Norwegisch, Schwedisch, Dänisch, später kamen noch weitere hinzu. Sie selbst erstellte ein tabellarisches Übersichtsheft für zehn Sprachen. Über kriegsbedingte Umwege kam sie heim, aber 1919 hielt sie nichts mehr. Die Weltreise, zu der sie aufbrach, war umso bemerkenswerter, da sie keinerlei Rückhalt besaß – keinen Financier, keine Gönner, die sie weiter gereicht hätten, auch keine unerschöpflichen Finanzen. Sie reiste, weil es für sie einen Lebenssinn darstellte. Und sie begab sich in Gebiete, die damals Reisenden noch nicht offen standen wie im Zeitalter des Tourismus.

karlin brücke

Abenteuerlich unterwegs   Sie reiste meist „Holzklasse“, weil es für mehr nicht reichte, musste immer wieder Station machen, um Geld zu verdienen. Über Südamerika und Nordamerika kam sie nach Japan, in das Land ihrer Sehnsucht. Von da ging es nach Australien, nach Papua Neuguniea (damals noch ein Abenteuer!), in die Südsee, nach Indien. Acht Jahre waren vergangen, als sie 1927 in ihre Heimatstadt zurück kehrte.

Schriftstellerin    Sie hatte sich nicht zuletzt durch Zeitungsberichte und Reisebücher finanziert (mit teils reißerischen Titeln, die sich einst gut verkauft haben: „Im Banne der Südsee: Als Frau allein unter Menschenfressern, Sträflingen und Matrosen“),, schrieb auch Romane, in denen sie „exotische“ Elemente einfügte, und hatte damit Erfolg, fand Beachtung. In ihrer nunmehr jugoslawischen Heimat kamen die Slowenen der heimgekehrten „Deutschen“ mit Vorbehalten und Misstrauen entgegen. Als das Dritte Reich das Land besetzte, ging es ihr nicht besser, man sah in ihr eine  Feindin des Regimes, die sich auch später  mit den Kommunisten nicht befreundete. Sie überlebte mit Mühe und schlecht bis zu ihrem Tod am 14. Januar 1950.

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Erinnerung bewahren    Schon Alma M. Karlin selbst war eine große Sammlerin gewesen, geriet jedoch nach ihrem Tod für lange Zeit in Vergessenheit. Mittlerweile haben viele slowenische Wissenschaftlerinnen begonnen, sich mit Alma M. Karlin und ihrem Nachlass zu beschäftigen, es gibt Biographien über sie, und deutschsprachige Verlage haben auch mehrere ihrer Bücher wieder aufgelegt. Die Wiener Ausstellung wird von Barbara Trnovec kuratiert, der Leiterin der Alma Karlin-Sammlung im Regionalmuseum Celje. Dort befindet sich Alma M. Karlins ethnografische Sammlung, dazu hat man noch Fotomaterial aus der Slowenischen Nationalbibliothek geholt.

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Die Ausstellung    Die Ausstellung im ersten Stock des Weltmuseums Wien (früher bekannt als Museum für Völkerkunde) ist nicht groß, umfasst zwei kleinere Räume am Gang. Sie ist vor allem biographisch ausgerichtet, mit vielen Fotos der Reisenden, die sich selbst auch (im Kimono, im Eingeborenengewand) in Szene gesetzt hat. Im Zentrum sieht man einen Schreibtisch mit jener „Erika“-Schreibmaschine, auf der ihre Artikel und Bücher entstanden – das heißt, nicht direkt, das Original ist verloren gegangen, aber die Replik bietet genau denselben Typ. Die Verehrung für Alma M. Karlin geht so weit, dass man auch einen trockenen Baum hier aufgestellt hat, der von ihrem Grab stammt…

Die ethnologischen Objekte    Alma M. Karlin war keine Wissenschaftlerin, wohl aber eine Sammlerin. Allerdings war sie nicht reich – es gibt ein paar bemerkenswerte Objekte der Eingeborenen-Kunst, es gibt den Kimono, von dem sie sich nie trennte, und im übrigen eine Menge Souvenirs, wie jeder Reisende sie mitbringt, von Püppchen bis Muscheln. Vielleicht  hätte man auch die Bücher zeigen sollen, die es von ihr und über sie nun gibt (sie sind zahlreich). um zu zeigen, dass bereits erfolgreich gegen das Vergessen angekämpft wurde.

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Weltmuseum Wien
Alma M. Karlin
Einsame Weltreise
Bis zum 18. Jänner 2022
Täglich außer Mittwoch 10 bis 18 Uhr, Dienstag bis 21 Uhr

 

 

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