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WIEN / Volx: HEISENBERG

30.11.2018 | KRITIKEN, Theater


Foto: Volkstheater / Barbara Palffy

WIEN / Volkstheater im Volx / Margareten:
HEISENBERG von Simon Stephens
Österreichische Erstaufführung
Premiere: 30. November 2018

Auch Erfolgsautoren, und der 47jährige Brite Simon Stephens ist ein solcher, schreiben schwächere Stücke. Käme dergleichen von einem Nobody, die Lektoren in Theaterverlagen und Dramaturgen in Theatern selbst würden sich nicht einmal die Mühe nehmen, ein Ablehnungsschreiben zu schicken. Bei einem bekannten Namen verkauft man die Sache mit diesem – und „Heisenberg“ ist auch kein schlechter Titel. Wenn der Wissenschaftler mit seiner Unschärfe-Theorie auch nie erwähnt wird. Unschärfe… na ja.

Wenn ein Gastspiel nicht gilt, hat das Volkstheater für seine Bezirke-Produktion tatsächlich die Österreichische Erstaufführung an Land gezogen, aber viel Freude wird das damit angespitzte Publikum nicht damit haben. Man hat das Stück übrigens schon im März dieses Jahres im Akademietheater gesehen, damals als Gastspiel des Düsseldorfer Schauspielhauses, mit einer nicht zu toppenden Besetzung mit Caroline Peters und Burghart Klaußner.

Und schon damals hat das Ganze durch seine extreme Künstlichkeit einfach nicht überzeugt. Zumal Lore Stefanek eine ausgesprochen ungeschickte Inszenierung geliefert hatte, die versuchte, die zahlreichen Schauplätze des Stücks (von einem Londoner Bahnhof bis zu einem Dorf in den USA) irgendwie anzudeuten. Schon von der Inszenierung her also hatte „Heisenberg“ eine zweite Chance verdient.

Regisseur Sebastian Schug war logistisch tatsächlich geschickter, indem er sich gar nicht erst auf Schauplätze einließ. Ausstatter Christian Kiehl hat ihm einfach einen Raum mit Sesseln und ein paar Haken geschaffen, wo einige Kleidungsstücke zum Wechseln hängen. Die Szenen gehen nahtlos in einander über, der Zuschauer ist aufgefordert, sich blitzschnell umzustellen und zu bemerken, dass die 42jährige Georgie Burns, die Amerikanerin in London, die „unscharf“ bleibt, und der 75jährige Fleischer Alex Priest in ihrer „Beziehung“ schon wieder ein Stück weiter ist. Wobei der Regisseur die Anbahnung der Geschichte kurzerhand und zu Recht gestrichen hat: Die Düsseldorfer Inszenierung hat gezeigt, wie albern es anzusehen ist, wenn Georgie einen wildfremden Mann auf einem Bahnhof in den Nacken küsst – was ihr immerhin die Möglichkeit gibt, mit ihm anzubandeln und nicht mehr loszulassen.

Absolute Unwahrscheinlichkeit von Dialog und Psychologie begleitet die Geschichte vom Anfang bis zum vagen Ende. Dass sich ein so evidenter „Normalo“ wie Alex auf das entnervend sinnlose Gelaber einer Frau einlässt, die letztendlich vor allem Geld von ihm will, kann man sich schwer vorstellen. Alles hängt in der Luft, auch das ersehnte Ende. Als Beziehungsgeschichte schlägt dies an Mühseligkeit einfach alles.

Das Volkstheater hat gut besetzt, aber es nützt nichts. Der Regisseur hat Joanna Kitzl für die Georgie mitgebracht, eine attraktive Schwarzhaarige und souveräne Bühnenpersönlichkeit, die sich unermüdlich durch ihren Text plaudert. Sie mag sich im wahren Leben dem Alter der Frau annähern, die schließlich einen erwachsenen Sohn hat, aber sie wirkt wie ein Twen, also viel zu jung, benimmt sich allerdings auch, wie erwähnt, für einen solchen unerträglich und dümmlich genug. Insofern passt die Hilflosigkeit, die Michael Abendroth als ihr Partner ausstrahlt.

Wer mit diesem Stück etwas anfangen will, muss schon ein enormes Potential guten Willens aufbringen – und selbst dann wird es schwer werden.

Renate Wagner

 

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