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WIEN / Volx: DAS HAUS AM SEE

22.09.2017 | KRITIKEN, Theater

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WIEN / Volx/Margareten, Aufführung für die Bezirke:
DAS HAUS AM SEE von Ernest Thompson
Premiere: 22. September 2017

Es ist fast unvermeidlich, dass man bei „Das Haus am See“ (oder „On Golden Pond“ bzw. „Am goldenen See“) an den Film von 1981 denkt. Er wurde nicht zuletzt deshalb so berühmt, weil der alte Henry Fonda und seine Tochter Jane Fonda auch auf der Leinwand Vater und Tochter spielten (im wahren Leben so entfremdet wie im Film…). Und als alte Mutter stand Katherine Hepburn vor der Kamera. Man täte sich schwer, so etwas zu vergessen.

Dennoch hat das Volkstheater keinen „Film“ auf die Bühne gebracht, sondern das originale Theaterstück von Ernest Thompson, das für die Praxis viele Vorteile hat: nur einen Schauplatz, sechs sehr gute Rollen und, obwohl zwar äußerlich unzeitgemäß (kein Handy, kein Computer, beim Telefonieren mit einem altmodischen Telefon mit Wählscheibe verlangt man noch die Vermittlung!), ein ziemlich ewiges Thema, eigentlich zwei: Altwerden und Familienschmerzen. Wer kennt das nicht, entweder selbst oder in seiner unmittelbaren Nähe.

Interessant an der Aufführung des Volkstheaters, deren Ausstattung (Damian Hitz) zwar bescheiden ist, aber doch das gemütliche Sommerhaus an einem schönen See in Maine sehr stimmungsvoll versinnlicht, dass Regisseur Ingo Berk beschlossen hat, dem Publikum (das ja, zumal in den Bezirksvorstellungen, wohl auch großteils ältere Semester umfasst) die bittere Pille der Geschichte nicht zu versüßen. Man hätte das Ganze zweifellos lockerer, auf Pointe, nicht so unendlich „schwer“ spielen können. Dann hätte es aber wohl an Glaubwürdigkeit eingebüßt.

Und die ist hier gegeben, wenn der bald 80jährige Norman und seine bald 70jährige Ethel die Tür aufsperren, um ihren gemeinsamen 48. Sommer in diesem Haus zu verbringen. Alles geht so unendlich langsam, wie alte Leute eben sind, und die trockene Unfreundlichkeit des alten Mannes wirkt nicht etwa komisch, sondern fast befremdlich. Und so souverän Ethel auch damit umgeht, wie der Gatte ist – glücklich scheinen die beiden Alten nicht zu sein. Doris Weiner, die versucht, ihre Resignation nicht überschwappen zu lassen, und Michael Abendroth, fast unverhohlen verbittert, machen das bemerkenswert. Man schaut noch interessiert dabei zu, wie müde sich die beiden herumschleppen. Aber ein Geschleppe (auch des ganzen Abends) ist es ja doch…

Es dauert, bis nach der langen Schilderung ihres Da-Seins und So-Seins etwas Handlung einzieht: Weniger durch den Postboten Charlie, auch wenn Dominik Warta dem absolut durchschnittlichen Mann immerhin Profil gibt. Mehr durch die Tochter (differenziert: Steffi Krautz), die mit diesen Eltern nie glücklich war und die Vorwürfe eines Lebens immer vor sich herzutragen scheint. Kaum eine Rolle spielt der brave Mann, den sie mitbringt (Günther Wiederschwinger), eine größere Rolle dessen 16jähriger Sohn (pappig und doch sehr lebendig: Florian Appelius), der hier für ein paar Wochen abgeladen wird und zumindest in einem der fünf Akte den alten Mann etwas aufmuntert.

Bis dann am Ende – mit dem theatralischen Schock, dass man schon meint, das Sterben Normans auf der Bühne mit ansehen zu müssen – alles beim Alten ist. Das Sommerhaus wird zugesperrt. Vielleicht kommen sie nächsten Sommer wieder. Vielleicht nicht. Traurig war’s. Die Schauspieler bekamen den verdienten Beifall.

Renate Wagner

 

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