Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WIEN / Volkstheater: VILLA ORLOFSKY

Orlofsky? Wer? Was? Warum?

16.03.2025 | KRITIKEN, Theater

mywn0j ccxh~1
Fotos_ Volkstheater, Marcel Urlaub

WIEN / Volkstheater: 
VILLA ORLOFSKY
nach DIE FLEDERMAUS von Johann Strauss
Eine Produktion des Volkstheaters in Kooperation mit Johann Strauss 2025 Wien
Premiere: 15. März 2025 

 Orlofsky? Wer? Was? Warum?

Wer ließe sich nicht gerne in die Villa Orlofsky (die vermutlich eher ein Palais sein würde) einladen? Zu Gast bei einem sagenhaft reichen Prinzen (oder auch Oligarchen, wenn man es gegenwärtig haben will), das könnte bei intelligenter Überschreibung des 2. Aktes der „Fledermaus“ ein Kunststück zwischen Ironie und Satire, Gesellschaftskritik anno dazumal und heute ergeben und dennoch unterhaltend sein. Kurz, man ging sogar mit einigen Hoffnungen ins Volkstheater.

Das darf, das durfte man allerdings in dem von Kay Voges geleiteten Haus nie.  Denkt man an seine Ära zurück, hätte man Mühe, „echte“, lohnende Theaterabende an den Fingern einer Hand herzuzählen. Die „Villa Orlofsky“ gehört mit Sicherheit nicht dazu. Wobei gar nicht klar gemacht wird, wer diese Johann Strauss-Zerstörung verbrochen hat: „Nach Die Fliedermaus 8ß9“ erfährt man, im Programmzettel gibt der Dramaturg und ein ungenannter Herr Einblicke der seltsamen Art, und der Regisseur habe mit dem Ensemble den Abend erarbeitet. Kurz gesagt, ein bißchen Dramaturgie statt nur der üblichen Ideologie wäre zu wünschen gewesen…

orlofsky puppen cchaus iqtq4to9~1

Was sieht man? Zu Beginn eine Art aufblasbares großes Puppenhaus, in dem man hüpfen, zappeln und auch rülpsen darf, denn die Herrschaften, die übrigens in Kostümen auf der Bühne stehen, die ein Jahrhundert vor Johann Strauss gerutscht scheinen, sind wirklich keine Menschen, sondern nur Idioten-Marionetten. Das mag ja noch Konzept sein.

Es wird ja sogar versucht, den sieben Protagonisten „Rollen“ zuzuweisen – da wäre Bettina Lieder die Rosalinde und Marysol Schalit, die sogar singen und Koloraturen kann, die   Adele.

orlofsky cc er 47~1

Hasti Molavian, klein, androgyn und zusammenklappbar wie eine Puppe, ist der Orlofsky, Christoph Schüchner der Eisenstein, Fabian Reichenbach der Frank und Christoph Heinrich der Falke. Nur für Claudia Sabitzer hat sich keine Rolle gefunden, denn für die Ida wäre sie definitiv zu alt, aber sie spielt trotzdem mit. Und außerdem braucht man ja die Figuren der „Fledermaus“-Operette in allerkürzester Zeit ohnedies nicht mehr.

Denn was geht da in der Regie von Paul-Georg Dittrich, die sich so chaotisch gibt wie möglich, eigentlich vor? Wer weiß das schon. Der Abend gleitet von einem Nonsense in den nächsten, beginnt heftig Videos zu projizieren (vor allem von tumultösen, bedrohlichen Szenen), schafft aber einmal sogar Originelles – wenn die Figuren von Hieronymus Bosch beginnen, sich zu bewegen (das ist wohl KI zuzuschreiben). Im Programmheft liest man, dass auch Schnitzlers „Traumnovelle“ für das Konzept des Abends wichtig gewesen sein soll – gesehen hat man davon nichts, auch wenn man Schnitzler kennt…

Gegen Ende muss es dann wieder Agitprop geben, man ist schließlich im Volkstheater des Kay Voges, wo das institutionell ein Bestandteil jedes Abends ist, und so findet sich in der Villa Orlofsky auf einmal Hagen, der da zur Wacht sitzt und nach seinen Mannen brüllt, und von der „Festung“ ist die Rede, und wir haben unser politisches Süppchen wieder vorgesetzt bekommen. Dazu müssen die Damen dann auch Dirndln tragen… Am Ende wird Unverständliches ins Mikro geschrien, Vorhang, zwei sinnlose Stunden sind vorbei.

Die offene Frage, nicht zum ersten Mal, lautet: Warum machen sich die Herrschaften für ihre Botschaften nicht ihre eigenen Stücke, sondern müssen sich an grandiosen Werken abarbeiten, mit dem einzigen Ziel, sie zu zerstören? Eine große Sünde wurde zudem von den Musikern begangen. Ein Meisterwerk zu schaffen, ist schwer, es zu zerstören ist leicht, wie das vor der Bühne postierte kleine Orchester zeigte bzw. vor allem hören ließ.

Dennoch mischte sich in den Applaus nur ein einziger (!) wackerer Buh-Rufer (es war nicht die Rezensentin, ich verharre da meist in Stockstarre), der seinen Versuch des Protestes nach zwei, drei Versuchen auch aufgab. Nein, dem Intendanten des Strauss-Jahres, Roland Geyer, macht eine solche Produktion keine Ehre. Aber im Grunde ist so etwas ja egal, denn der Abend hat ja nichts mit Johann Strauss zu tun. Also: Glücklich ist, wer vergißt, was doch nicht zu ändern ist… Oder eigentlich doch: Es war die letzte Premiere von Kay Voges, er ist sozusagen schon weg. Den Kommentar zu dieser Tatsache kann jeder für sich selbst finden…

Renate Wagner

 

Diese Seite drucken