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WIEN / Volkstheater: KOMÖDIE MIT BANKÜBERFALL

Brutalo-Nonsens mit Musik

18.10.2025 | KRITIKEN, Theater

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Fotos: Marcella Ruiz Cruz

WIEN / Volkstheater:
KOMÖDIE MIT BANKÜBERFALL
von Jonathan Sayer, Henry Lewis & Henry Shields
(Mischief Theatre Company)
Österreichische Erstaufführung
Premiere: 17. Oktober 2025 

Brutalo-Nonsens mit Musik

Im Theater übersetzt man nicht nur Texte. Theater anderswo hat auch andere Traditionen, die oft gar nicht so leicht in andere Mentalitäten zu übertragen sind. Die Briten haben in ihrer Inselwelt einiges Seltsame entwickelt, und die 2008 gegründete Mischief Theatre Company zählt zweifellos dazu. Das Volkstheater von Jan Philipp Gloger versucht nun, in bunter Vielfalt seines Angebots, die dritte Produktion der Truppe auf seine Bühne zu bringen. Es gelingt nicht ganz.

Stil, Stil, Stil. Spaß und Übermut. Slapstick und überbordender Unsinn. Akrobatik und ironische Filmzitate. Brutalo-Komik, die nichts für zarte Gemüter ist (wenn einem Darsteller endlos auf den Kopf geschlagen wird, möchte man schon „Hört doch endlich auf!“ rufen). Dauerndes lautes Stakkato-Geschrei und Gezappel von marionettenartigen Akteuren, wobei die Männer sehr oft die Hosen fallen lassen müssen (sie tragen wenigstens Unterhosen… bei uns wären sie angesichts so vieler exhibitionistischer Darsteller vielleicht nackt).

Da man einen Teil des Textes durch dessen Schnelligkeit und Lautstärke gar nicht versteht, ergibt sich auch keine Handlung, und da die Darsteller mehrere Rollen spielen, ist Verständnis offenbar auch gar nicht angestrebt. Kurz, Nonsens, der einen Abend lang fast zweieinhalb Stunden immer gleich läuft. Altmodische Schlagermusik kuschelt sich in die Ohren der Theaterbesucher – witziger Gegenpol zur szenischen Schrille.

Vergessen wir, dass es angeblich eine Handlung gibt. Eine Bank mit Direktor, dessen Tochter, einer Schalterbeamtin. Weiters Gauner, die aus dem Tresor einen Diamanten stehlen wollen, und Polizisten. Was sich im Detail ergibt, ist so undurchschaubar wie unwichtig. Meist bleiben die Herrschaften auf dem Boden, aber wenn Darsteller (oder sind es ihre Doubles?) aus dem Schnürboden herab gelassen werden und ihre Luft-Kunststücke machen, dann soll man an „Mission Impossible“ denken und tut es auch (selbst wenn Tom Cruise angesichts dieser Parodie seiner Künste wohl beleidigt wäre).

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Keine einfache Sache für einen Regisseur, aber Christian Brey schafft das ohne Rücksicht auf Verluste. Die Ausstattung (Madeleine Mebs) ist vor allem ironisch, die Darsteller sind schwer gefordert (möglicherweise fragt sich der eine oder andere  manchmal selbst, ob er Schauspieler geworden ist, um solchen Blödsinn zu exekutieren).

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Zwei Damen stechen heraus, auch weil sie angesichts einer Männerschar das Alleinstellungsmerkmal haben. Claudia Sabitzer darf man wohl, ohne beleidigend zu sein, als Urgestein des Hauses bezeichnen, so viele Direktionen hat sie schon überlebt. Paula Nocker ist Frischling am Haus, von der Josefstadt ins Volkstheater gewechselt, wohl um der  dauernde Konkurrenz mit der dort verbliebenen Johanna Mahaffy zu entgehen. Beide Damen blödeln sich was ab und erhalten dabei mehr Aufmerksamkeit als die Herren, die einander gewissermaßen alle ähnlich sind.

Man macht Stefan Suske als Polizeichef aus und Tjark Bernau als Bankdirektor, Maximilian Pulst als Muttersöhnchen mit Taschendieb-Fähigkeiten, dazu kommen Bernardo Arias Porras. Nicolas Frederick Djuren, Andrej Agranovski und Günther Wiederschwinger. Sie verdienen ihr Geld im Schweiße ihres Angesichts.

Am Ende stellt sich die Frage, wie viele Volkstheater-Besucher diese Stilübung, die hierzulande keine Tradition hat, unterhaltend finden, oder angesichts der ewig gleichen, überzogenen Mittel schlicht und einfach genervt sein werden.

Renate Wagner

 

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