Foto: Volkstheater / Marcel Urlaub
WIEN / Volkstheater:
DIE ANGESTELLTEN von Olga Ravn
Ein Visual Poem über Arbeit im 22. Jahrhundert
Deutschsprachige Erstaufführung
Premiere: 28. Jänner 2024,
besucht wurde die zweite Vorstellung am 1. Februar 2024
K I steht nicht vor der Tür, es (oder sie, wenn wir „die Künstliche Intelligenz“ sagen) ist – machen wir uns nichts vor – schon da. Darum wird es wohl nicht bis ins 22. Jahrhundert dauern, dass Menschen und Humanoide, die von „Echtmenschen“ nicht zu unterscheiden sind, nebeneinander leben und vor allem arbeiten. Wie man es in vielen Science-Fiction-Filmen schon gesehen hat und wie es sich die dänische Autorin Olga Ravn erdachte, deren Roman „Die Angestellten“ nun in einer Inszenierung von Alexander Giesche auf die Bühne des Volkstheaters kam. Weniger als Stück, denn als visueller Rausch.
Denn offen gestanden versteht man an dem pausenlosen zweieinhalbstündigen (!) Abend die längste Zeit „Bahnhof“. Es dauert eine gute Stunde, in der man den sieben undefinierten Protagonisten bei scheinbar sinnlosen Aktionen zusehen muss, so dass man innerlich schon zum Wegtreten bereit wäre. Dann erst beginnen sie gewissermaßen von ihrer Situation zu sprechen – eine Crew in einem Raumschiff, Menschen und Roboter nebeneinander, beide Spezies im Grunde nur auf die Arbeit fixiert.
Aber dennoch ist die Arbeit, wie der Titel glauben machen möchte, nicht das zentrale Thema. Es geht darum, dass plötzlich Gefühle, Ängste, Zweifel auftauchen, also typisch menschliche Reaktionen, die sich auch bei den Humanoiden zeigen, die immerhin den Vorteil haben, nicht sterben zu müssen, weil man sie immer wieder neustarten kann…
Was da gewissermaßen als Positionen „in verteilten Rollen“ aus dem Roman deklamiert wird – eine große Offenbarung ist es nicht. Das Ganze wäre nur lang und mäßig interessant, wäre da nicht die optische Komponente, für die Regisseur Alexander Giesche (unterstützt von Matthias Singer für Bühne und Lightdesign) zuständig und bekannt ist. Tatsächlich gibt es keine ruhige Sekunde an diesem Abend, das Bühnenbild – mit Riesenwänden für andauernde Videoberieselungen – verwandelt sich dauernd, abstrakte Bilder rauschen vorbei, wenn nicht die Protagonisten von einer Live-Kamera verfolgt werden: Die Video Art von Luis August Krawen ist schon etwas Besonderes. Trotzdem: Das hatte man alles schon, doch in solcher Virtuosität hat man es wohl nie gesehen.
Wenn es dann ans Ende geht, da zaubert der Regisseur auch mit Hilfe der Musik (Ludwig Abraham) und gewaltigem Einsatz von Rauch einen solchen „Raumschiff-Untergang“, dass das ganze Volkstheater „mitspielt“ und man sich tatsächlich wie im Weltraum wähnt… Kurz, das ist eine Theater-Show, seht her, was wir können.
Die sieben Darsteller sind alles und nichts, aber zumindest erweisen sich Elias Eilinghoff, Frank Genser, Hasti Molavian, Lavinia Nowak, Nick Romeo Reimann. Uwe Rohbeck und Birgit Unterweger wenn sie etwas Romantext deklamieren dürfen, als gute Sprecher. Und da dergleichen heutzutage absolut nicht selbstverständlich ist (man sehe nur ins Burgtheater hinüber), sei es lobend erwähnt.
Bemerkenswert wie aufmerksam das gar nicht spärlich erschienene Publikum der zweiten Vorstellung dem nicht unanstrengenden Abend folgte. Nun ja, es gab wirklich viel zu sehen.
Renate Wagner