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WIEN/ Volksoper: PARISER LEBEN von Jaques Offenbach. Premiere

22.02.2015 | Allgemein, Operette/Musical

PARISER LEBEN von Jaques Offenbach– Premiere Volksoper, 21.2.2015

(Heinrich Schramm-Schiessl)

Pariser Leben_BP 930
Foto: Barbara Palffy/Wiener Volksoper

„Pariser Leben“ gehört – verglichen mit „Orpheus in der Unterwelt“ oder „Die schöne Helena“ – zu den nicht ganz so populären Werken des in Köln geborenen Pariser Meisters. Es ist eigentlich keine Operette im eigentlichen Sinn, sonder lt. dem Komponisten „ein fünfaktiges Stück vermischt mit Gesang“. Der Inhalt ist rasch erzählt: Ein schwedischer Baron kommt mit seiner Gemahlin nach Paris. Während die Baronin vornehmlich an den schönen Künsten interessiert ist, sucht der Baron amuröse Abenteuer, wobei er ein Empfehlungsschreiben für die Lebedame Metella hat. Der Pariser Lebemann Gardefeu, pikanterweise ein früherer Geliebter Metellas, verdingt sich als Fremdenführer und wirft zugleich ein Auge auf die Baronin. Er gibt seine Wohnung als Dependance des Grandhotels aus, wodurch es zu zahlreichen Verwicklungen kommt, die sich am Ende jedoch in Güte auflösen.

In der Volksoper gab es seit 1945 bislang zwei Produktionen des Werkes in den Jahren 1963 (u.a. mit Per Grundén, Blanche Aubry, Erich Kuchar u. Fred Liewehr) und 1980 (u.a mit Helga Papouschek, Peter Minich, Sigrid Martikke, Mirjana Irosch u. Adolf Dallapozza).

 Für die nunmehrige Neuinszenierung schuf man – wie es heute Mode ist – eine teilweise neue Übersetzung des französischen Librettos, das von Meilhac und Halévy, deren Stück „Le revellon“ Vorlage für „Die Fledermaus“ war, stammt. Begründung ist, daß die früheren Übersetzungen zu harmlos seien und die Frivolität des Originaltextes nicht so zur Geltung kommt.

 Womit wir bereits beim großen Problempunkt dieser Neuproduktion sind, der Inszenierung. Von der heute offenbar unvermeidbaren Zwanghaftigkeit besessen, ein Stück nur ja nicht zu der Zeit spielen zu lassen, in der es der Librettist angesiedelt hat, versetzte es der Regisseur Michiel Dijkema in unsere Zeit, was mit der Musik überhaupt nicht in Einklang zu bringen war. Hier fehlte jede Ironie und jeder feine Humor, stattdessen gab es viel Klamauk und statt mit der feinen Klinge wurde manchesmal mit dem Holzhammer gearbeitet. Dazu kamen aufgesetzte Gags, wie z.B. Lastwagen der drei Wiener Opernhäuser – hier alledings mit französischen Namen versehen – die die Kostüme für die Verkleidungsszenen brachten. Personenregie – soweit überhaupt vorhanden – und Choreographie (Bohdana Szivacz) unterschieden sich in nichts von herkömmlichen Inszenierungen. Das Bühnenbild (vom Regisseur) hatte keinen Funken Charme, sondern war – es wurde die Drehbühne verwendet – auf der einen Seite eine eher häßliche graublau angeleuchtete Hausfassade und auf der anderen Seite ein großer Raum mit blauem Rundhorizont, in dem in den Raumszenen einige Möbelstücke hineingestellt wurden. Angesichts dieser entstand  der Eindruck dass man in den Wiener Großmöbelhäusern die häßlichsten Ladenhüter gesucht hat. In diesem Rahmen spielten auch die beiden Bahnhofsszenen, wobei der Bahnhof nur durch eine Sitzbank und zwei Schilder „Gare du Nord“ stilisiert wurde, was allerdings am wenigsten störte. Die Kostüme waren natürlich – außer in den Verkleidungsszenen –Alltagskleider, die allerdings recht bunt waren. Das optisch und auch von der Aktion her gelungensten Bild war die große Revueszene am Ende des 3. Aktes.

 Das ist insofern auch schade, als die musikalische Seite durchaus zufriedenstellend war. Das beginnt bereits beim Orchester, das unter der Leitung von Sebastien Rouland mit viel Schwung und Esprit spielte. Schon die Ouvertüre – wohltuender Weise vor geschlossnem Vorhang gespielt – ließ einen animierten Abend erwarten. Von den Sängern am besten hat mir Caroline Melzer als Baronin gefallen. Sie verfügt über eine technisch gut geführte, von der Größe dem Haus adäquate interessant timbrierte Stimme und sang ihren Part mit großer Sorgfalt. Auch darstellerisch war sie überzeugend. Kurt Schreibmayer war ein gestalterisch präsenter Baron, der sich auch bei seinen nicht allzu großen Gesangsnummer mit Anstand aus der Affaire zog. Daniel Prohaska in der zentralen Rolle des Gardefieu verfügt über einen schön geführten Tenor, bleibt allerdings gestalterisch etwas blaß. Auch Christian Drescher (Frick) überzeugt stimmlich und ist darstellerisch durchaus präsent. Annely Peebo als Metella ist, solange sie in der Mittellage singen darf, durchaus erfreulich, allerdings wird die Stimme in der Höhe etwas schrill. Elisabeth Schwarz (Gabrielle) und Johanna Arrouas (Pauline) sind stimmlich zufriedenstellend und darstellerisch recht quirlig. Demgegenüber bleibt Rasmus Borkowski als Bobinet etwas blaß und Boris Pfeifer war als Brasilianer weder stimmlich noch darstellerisch vorhanden. Eine Freude war im zweiten Teil der Auftritt von Helga Papouschek als Mdm. Quimpere-Karadec und Sulie Girardi als Mdm. Folle-Verdure. In kleinen Rollen konnten Franz Suhrada als Fremdenführer, Gernot Kranner als Chaumiere sowie Thomas Zisterer und Karl-Michael Ebner als Urbain und Prosper gut gefallen.

Der von Thomas Böttcher einstudierte Chor sang gut, hätte allerdings etwas wortdeutlicher sein können.

 Am Ende erfolgte der in der Volksoper obligatorische Premierenjubel, der beim Erscheinen des Regieteams allerdings hörbar zurückging.

 Heinrich Schramm-Schiessl

 

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