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WIEN / Volksoper: NUREJEWS HUND

Kompliziert erfunden…

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Fotos: Volksoper / © Barbara Pálffy  /© Apollonia Bitzan

WIEN / Volksoper: 
NUREJEWS HUND
Familienstück mit Musik und Tanz
Buch von Peter te Nuyl, frei nach der Novelle von Elke Heidenreich, in Zusammenarbeit mit Florian Hurler und Keren Kagarlitsky
Premiere: 27. April 2025

Kompliziert erfunden…

Ist es wahr oder nur hübsch erfunden? Dafür, dass Rudolf Nurejew einen Hund besaß, gibt es im Programmheft der Volksoper ein Foto als Beweis. Dass dieser Hund nach dessen Tod in den Besitz der großen Ballettmeisterin Marika Besobrasova überging, hat der Choreograph und Regisseur  Florian Hurler mit eigenen Augen erlebt, als er in ihrer Ballettschule in Monte Carlo studierte. Ob der Hund getanzt hat, wie es hier heißt, möchte man bezweifeln, aber möglicherweise hat er ein paar Sprünge hingelegt, die man bei normalen Hunden nicht sieht und die man dem Geist seines Herrchens Nurejew zusprechen wollte. In der Novelle von Elke Heidenreich steht jedenfalls, dass er getanzt habe…

Die Volksoper hat keine Kosten und Mühen gescheut, die Idee von Florian Hurler, dem hauseigenen Tanzleiter, der hier schon einige Choreographien geschaffen hat, zu realisieren. Die Geschichte von Solor, wie Nurejew seinen Hund nach einem mutigen Krieger in einem Ballettmärchen nannte, zeigt das Tier zuerst an der Seite von Rudolf (oder „Rudik“, wie seine Freunde ihn nannten), was das wahre Glück war, dann im Besitz von Marika Besobrasova, die ihn nach zuerst ziemlich heftiger Ablehnung erst ins Herz schloß, als er zu „tanzen“ begann…

Dramaturgisch verantwortet Peter te Nuyl dieses „Familienstück mit Musik und Tanz“, das zu seiner Premiere viele Eltern mit vielen Kindern ins Haus holte, für die Musik zeichnet Keren Kagarlitsky verantwortlich, die teils selbst komponierte, teils große Kollegen von Bernstein bis Berlioz, von Gershwin bis Offenbach collagierend verarbeitete. Sie stand auch am Dirigentenpult.

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Nun, als Geschichte (und gar für Kinder) ist die Sache wohl etwas zu überfrachtet. Allein, wenn die Geschichte bei einer Party von Truman Capote beginnt, hat man schon Drag-Queens als Nebenhandlung, wenn man in der Folge von New York nach Paris in den Ballettsaal springt, bekommt  man die individuellen Geschichten eines Lesben-Pärchens (eine singt, eine tanzt), die sich gegen die Ballettmeisterin aufbegehren  – aber das, was essentiell wäre, die Beziehung von Nurejew und dem Hund .bleibt eigentlich unterrepräsentiert.

Nach einer ausführlichen Sterbeszene, die viele berührend, manche einfach klischiert kitschig empfinden werden, kommt Solor also zu Marika, große Probleme, Szene mit einem zutiefst ordinären Wiener Typen, der den Hund in ein Tierheim bringen will, die große Wende durch Solors „Tanz“,

Happy End, wobei als irreales Wesen zwischen allen Welten ein kleines Mädchen fungiert, das sowohl mit dem Hund sprechen wie auch kurzfristig Nurejew aus dem Jenseits zurück bringen kann. Denn für einen Hund gibt es nur einen einzigen Menschen – und das war in diesem Fall Rudik. Rührung, Ende nach 90 Minuten, tiefere Einsichten über Hunde hier, Künstler da.  ersticken daran, wie voll gepfropft und letztlich unklar das Ganze ist.

Es ist ein Abend, in dem das Ballett eine große Rolle spielt, Kunststück, ist Florian Hurler ja nicht nur Regisseur, sondern auch Choreograph. Es wird aufwendig mit dem  Drehbühnen-Bild von Christof Hetzer). Und da ist auch noch  Musik-Potpourri von Keren Kagarlitsky, deren selbst komponierte Passagen nicht die überzeugendsten des Abends  sind.

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Nurejew, an dessen Strahlkraft sich jeder erinnert, der ihn nur einmal auf der Bühne gesehen hat, bekommt von Sebastian Wendelin so viel Umriß, wie der Text erlaubt (wirklich viel ist es nicht), und kann eine Ausnahme-Persönlichkeit glaubhaft machen. Ursula Pfitzner ist von jener Harschheit, die man von großen Ballett-Lehrerinnen im Kino gesehen hat, zwar weit entfernt, überzeugt aber in einer Rolle, die mehr hergibt als die es Kollegen. Jakob Semotan versucht, Truman Capote (der hier mit seinem Geburtsnamen „Streckfus“ benannt wird) auch optisch zu ähneln. Bei den weiteren Nebenrollen fällt die Sängerin Maria Hegele auf.

Und der Hund? Der wird in Gestalt von Florian Carove ein wenig zum Problem. Bringt man Tiere auf die Bühne, soll man sie lieben. Regisseur und Darsteller haben Solor ein  wenig zu unliebenswürdig gemacht. Dennoch viel Premierenbeifall.

Renate Wagner

 

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