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WIEN/ Volksoper: LA CENERENTOLA

23.01.2012 | KRITIKEN, Oper

Wiener Volksoper

LA CENERENTOLA” ALS ROSSINI-„GLÜCKSFALL“ (23.Jänner 2012)

Zumittag hatte man noch keinen Prinzen, am Abend ersetzte die junge kanadische Mezzo-Sopranistin Lysianne Tremblay die vorgesehene Besetzung der  Titelrolle und Jörg Schneider ließ sich als indisponierter „Retter in der Not“ entschuldigen. Und das Ergebnis – ein Rossini-Glücksfall  fast ohne Einschränkungen! Das Opernglück ist wirklich nicht kalkulierbar.

Was  trägt zu der Euphorie des Publikums bei? Da ist einmal die Regie von Achim Freyer (Bühne und Kostüm Maria-Elena Amos) anzuführen: bunt und märchenhaft, aus dem Geist der Musik geformt, mit viel Witz und Liebe zum Detail, eine wahre Opern-Choreographie– die bösen Schwestern von Aschenbrödel, der pfiffige, alkoholgefährdete Vater, der eitle, selbstverliebte Diener Dandini – sie alle setzen Noten in  köstliche Bilder  um. Am Pult  des Volksopernorchesters verwandelt Enrico Dovico die Partitur von Gioacchino Rossini zu pulsierendem Leben. Und ein ideales Ensemble steht zur Verfügung:Jörg Schneider, der in Wien geborene Sänger, kann in keiner anderen Rolle zeigen was in ihm steckt: Musikalität und eine strahlend, schöne Tenorstimme; mit stets weichem Tonansatz und wenn es ankommt hat er den nötigen „Pepp“ Immer öfter  erinnert er mich an die Leuchtkraft des Singens von Fritz Wunderlich. Und an diesem  ursprünglich schon abgesagten  Abend war er besonders gut in Form: offensichtlich reduzieren Entschuldigungen vor Beginn der Vorstellung das Nerven-Korsett maßgeblich! Köstlich sein eitler Kammerdiener, der mit dem Prinzen Don Ramiro  die Kleider wechselt . Dominik Köninger stammt  aus Heidelberg, studierte in Karlsruhe Musik und kam über Hamburg und Innsbruck an die Volksoper, wo er  neben dem Dandini  auch  den Falke und Edwin übernimmt. Ausgezeichnet   als alter Erzieher Alindoro der junge japanische Bass Yasushi Hirano – hier entwickelt sich eine Qualitätsstimme in einem Fach, das dringend Nachwuchs braucht. Die Bass-Stimme des Japaners fließt wie Öl, hat einen natürlichen Stimmsitz und ein unverkennbares Timbre ist schon vorhanden. Der Magnifico von Noé Colin beeindruckt vor allem durch seine  bravouröse Zungenfertigkeit, die  Stiefschwestern Clorinda und Tisbe sind mit Elisabeth  Schwarz und Elvira Soukop hochkarätig besetzt und in der Titelrolle brilliert die junge Kanadierin Lysanne Trembay. Sie hat Tiefe und Höhe, vielleicht ist das Stimmvolumen für die Volksoper etwas zu gering. Aber durch ihr gewinnende Art, ihre lockeren Koloraturen und ihren Totaleinsatz im Finale wischt sie diesen möglichen  Einwand vom Podest, mit dem sie zuletzt in den Himmel gehoben wird.

Diese Cenerentola war zuletzt eine Festaufführung, in der auch dem Chor der Volksoper alles abverlangt wird. Wenn es stimmt, dass die Staatsoper eine neue Cenerentola plant und diese Produktion dann nicht mehr gegeben werden darf, dann sollte gegen das Skartieren der Kulissen ein Veto eingelegt werden. Es gibt ja auch in beiden Häusern Tosca oder Don Giovanni – und die Qualität der Freyer-Cenerentola muss erst einmal im Haus am Ring erreicht werden

Peter Dusek

 

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