„KISS ME KATE“ – Premiere in der Volksoper, 27. Oktober. Flott und überkandidelt und in poppiges Outfit gesteckt
Johanna Arrouas, Robin Poell. Foto: Barbara Zeininger
Rund geht´s rund um William Shakespeares Komödien-Klassiker „Der Widerspenstigen Zähmung“ im Cole Porters Musical-Klassiker „Kiss me, Kate“. Ein Superstück. Ein bereits auch schon recht altes. Über sechs Jahrzehnte ist es her, dass New Yorks Broadway von Cole Porter mit so phantastischen Musiknummern (und dazu empfindsamen Texten) wie „Wunderbar“, „So in Love“, „Brush Up Your Shakespeare“, „Too Darn Hot“ beglückt wurde. Nun ja, nur so weiter in der Show – jeder Song ist ein Treffer. Gibt´s im Showbiz-Kommerz schon längst nicht mehr. Und auch Marcel Prawys Produktion für die Wiener Volksoper, damals im Jahr 1956 mit hundertprozentig stimmiger Besetzung, ist zum absolut perfekten Hit geworden.
So richtig tolle Inszenierungs-Genies laufen wohl auch nicht mehr herum. Also, wie geht man es jetzt nun an? Die Volksoper hat sich heuer bereits den zweiten Theatermann aus Berlin nach Wien geholt, um von diesem abzuschauen, wie man dort in deutschem Lande an alten Musicals herumwerkt. Bitte, Regisseur Bernd Mottl macht es auf eine recht ordentliche und sehr lebendige Art. Er hält das Ensemble auf Trab, lässt´s auf die flotteste Art dahinsausen, liebt extrem gestikulierende Akteure. Führt diese dabei auch sorgfältig, holt aus ihnen alles heraus, vermag einfallsreich zu nuancieren. Die zwei Volksopern-Debütanten in den beiden Hauptrollen verstehen diese Chance sehr wohl zu nützen: Franziska Becker – rank und schlank und extrem spielfreudig – kann sich als widerspenstige Kate/Lili Vanessi in vollen Zügen ausleben. Andreas Lichtenberger mimt als Petruchio/Fred Graham ein stattliches Mannsbild, dem der Regisseur auch einige subtile Schattierungen abzufordern vermag.
Getragen wird alles von Cole Porters schmissigen Evergreens. Dicht und gekonnt in Bigband-Manier orchestriert. Dirigent Lorenz C. Aichner gelingt es dabei, allen Schmiss, den Schwung, die ganze Dynamik auf die Solisten, das Ballett und den Chor zu übertragen. Mit elektronischer Verstärkung wird gesungen, sehr laut und mal so mal so, und wenn etwas ein bisschen daneben geht, stört´s eigentlich gar nicht. Mit bei der überkandidelten Partie: Köstlich Sándor Németh als Kätchens Vater, schon arg von Senilität und seiner Tochter geplagt; Johanna Arrouas als sexy Bianca; Robin Poell als wendiger Bill Calhoun; Kurt Schreibmayer (der reiche Liebhaber Harrison Howell); Boris Eder und Herbert Steinböck als das Ganovenpaar; Martin Bermoser als allzu ausgeflippter Garderobier. Dass sie alle und die voll mitgehenden Tänzer keck herumhüpfen, attraktiv posieren und uns so manch originelle Parodie abliefern dürfen, dafür ist Choreograf Alonso Barros mitverantwortlich.
Ja, und der ganze „Kiss me, Kate“-Zauber ist von Bernd Mottl und seinen Ausstattern (Bühnenbild: Friedrich Eggert, Kostüme: Sue Blane) auf einer Drehbühne in ein buntscheckiges, mit sich schlagenden Farben poppiges Outfit gesteckt worden. Ergibt so eine Mischung aus Night Club-Revue, Spielzeugladen, Provinzschmiere und Farbenkleckserei. Mit Fortdauer gewöhnt man sich an solch ein grelles Puzzle und die ganze Geschäftigkeit. Im zweiten Teil gehen dem Regisseur mit der Zeit aber dann doch die Einfälle langsam aus. Kein Problem. Der kurzweilige Premierenabend wurde von dem mit dem Haus verbundenen Publikum mit Jubel aufgenommenen. Und war auch für Fans solcher hochkarätiger Musical–Klassiker durchaus genießbar.
Meinhard Rüdenauer
Meinhard Rüdenauer