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WIEN/ Volksoper: FRAU LUNA – mit alten Berliner Hits rauf auf dem Mond

09.06.2013 | KRITIKEN, Oper

WIEN/ Volksoper:  Paul Linckes „FRAU LUNA“ in der Wiener Volksoper. Mit alten Berliner Hits rauf auf den Mond – Premiere am 8.6.2013


Foto-Copyright: Barbara Palffy/Volksoper

Bitte, um es gleich vorweg zu nehmen: Frau Luna ist eine Powerfrau. Jahrgang 1899, waschechte Berlinerin, geliebt (gegen ihren Willen, zwangsweise – nehmen wir so an) von zwei in ihrer Geburtsstadt residierenden Kriegsherren, Preußens Kaiser Wilhelm II. und dem des 1000jährigen Reiches. Und ihre leicht und locker die Ohr betörenden Melodien sind durch viele Jahre absolute Hits geblieben. 1899, ja, schon so alt, „Frau Luna“ ist als die allererste Berliner Operette in die Musikgeschichte eingegangen. Komponist Paul Lincke (1866 – 1946) ist damals zum Ahnherrn der deutschen Schlagermusik des 20. Jahrhunderts geworden. Dieser heitere Ausflug auf den Mond war sein genialer Jugendstreich. Und in späteren Jahren, als es ihm mit dem Melodienschreiben nicht mehr so ganz gut gegangen ist, hat er einige seiner anderen Hits in diesem Erfolgsstück verpackt und zum Dauerbrenner gemacht.

 Die Wiener Volksoper nimmt sich in den letzten Jahren nun wiederholt des hier weniger bekannten Genres Berliner Operette an. Wohl in Ermangelung an brauchbaren starken neuen Bühnenwerken für das Haus und sein Publikum. Regisseur und Bearbeiter Peter Lund hat jetzt ebenfalls in seiner Wiener Inszenierung am nächtlichen Besuch vom erfindungsfreudigen Mechaniker Steppke und der Frau Pusebach und zwei weiteren Gefährten bei der Frau im Mond und deren merkwürdiger Gefolgschaft ein bisschen herum modellieren müssen. Eine klare Sache. Und dies ist Lund auf eine seriöse, recht geschickte Weise geglückt. Handfest, nicht über die Stränge schlagend, doch auch nie umwerfend originell. Als außenstehender Mondfahrer sollte man jedoch empfehlen, unter den kommenden Reisenden in Richtung unseres nächsten Planeten eher streng zu sondieren. Aus Gründen der Korrektheit, nicht aus Unhöflichkeit. Gestandene, künstlerisch nicht allzu anspruchsvolle Liebhaber alter Operettenzeiten, bitte in dieses Mondmobil hineingesetzt! An prätentiöseren Musikfreunden lassen wir den ganzen Mondzauber, um zu keiner allzu bösen Nachrede zu kommen, lieber vorbeiziehen.

 Also, es funktioniert da schon einiges. Der alte Super-Hammer „Glühwürmchen flimmre, flimmre“, der haut hin. Und dieses „Das ist die Berliner Luft, Luft, Luft“, das ist ja nach wie vor die wahre Berliner Hymne. Unter Dirigent Gerrit Prießnitz klingt manches recht flott und spritzig, manches weniger. Es scheint aber, dass es durch ein ganzes Jahrhundert effektvollere musikalische Arrangements gegeben haben dürfte. Bühnenbildner Sam Madwar beschert uns mit seinem am Computer entworfen Projektionen einen Staunen erregenden und amüsanten Ausflug in den Nachthimmel, und die mutierende Mondscheibe glitzert recht ordentlich und zeigt immer wieder eine neues Gesicht. Allerdings, die aufwendigen Kostüme von Daria Kornisheva für das absurde Treiben dieses albernen Volkes da oben am Mond? Geschmackssache. Da ist erlaubt, auch die Augen zu schließen.

 Zu sehen gibt es, wie dem Regisseur eine sehr saubere Personenregie geglückt ist. Die von Daniel Prohaska als Steppke angeführte Berliner Partie bleibt leicht blass. Doch der oberste Mondwächter, der Theophil (ja, noch so ein echt deutscher Ohrwurm, „O Theophil, o Theophil“), den mimt Boris Eder, und der liefert eine großartige komödiantische Studie ab. Eine durch und durch ausgefeilte Glanzrolle. Insgesamt wirken die Gesangsleistungen etwas unausgeglichen, die Damen verstehen es aber, sich recht attraktiv in den Vordergrund zu rücken. Julia Koci als sensible, durchaus liebeswillige Mondkönigin Luna sucht sich beim Ankömmling Steppke einzuschmeicheln. Isabel Weicken (die mitgereiste Frau Pusebach), Martina Dorak (fesche Venus), Regula Rosin (Lunas Zofe) und Johanna Arrouas (als Berliner Mädel Mariechen) verstehen es, ihre Rollen voll auszufüllen. In der Gefolgschaft von Frau Luna finden wir noch Prinz Sternschnuppe (Thomas Paul), Mars (Heinz Fitzka) und einen Mondgroom (Franz Waechter), alle auf grotesk getrimmt. Unter dem Niveau eingesetzt: Choreografin Andrea Heil wußte mit den Qualitäten des Wiener Staatsballett nichts anzufangen. Also, nochmals, der muntere Trip sei allen Volksopern-Freunden empfohlen. Denen, die sich auf solch eine Art reislustig zeigen.

Meinhard Rüdenauer

 

 

 

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