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WIEN/ Volksoper: DIE HOCHZEIT DES FIGARO als köstliches Familienfest – Premiere

26.11.2012 | KRITIKEN, Oper

Wiener Volksoper: MOZART’s „HOCHZEIT DES FIGARO“ALS KÖSTLICHES „FAMILIENFEST“AM WÄHRINGERGÜRTEL (25.November 2012)


Köstlich: Sulie Girardi, Stefan Cerny. Foto: Barbara Zeininger

Es gibt sie doch noch – Abende, an denen die Opernwelt offenbar ganz in Ordnung ist. Jubel, jede Menge Beifall auf offener Bühne und am Ende sogar Begeisterung für den Regisseur – Marco Arturo Marelli – und sein Team (Enrico De Feo und Dagmar Niefind). Am Währinger Gürtel gibt man die Mozart-Da Ponte-Oper auf Deutsch (Übersetzung Nicolas Brieger) und bietet ein junges internationales Ensemble auf, das von Dirk Kaftan mit Drive und Liebe zum Detail auf jenem schmalen Pfad geführt wird, der die „Hochzeit des Figaro“ nach wie vor zu einem Schlüssel-Stück der internationalen Opernbühne macht. Ursprünglich war nur eine von Marelli geprobte Wiederaufnahme der Beaumarchais-Vertonung geplant. Dann stellte sich heraus, dass die Kulissen schon skartierte waren. Und so stolperte man quasi am Währinger Gürtel in diesen großen Premieren-Erfolg, bei dem weder der Vorabend der Französischen Revolution in ein anderes Jahrhundert verlegt noch die intelligente Mehrdeutigkeit des Textes von Lorenzo da Ponte verloren geht.

Voraussetzung für den nachhaltigen Erfolg ist aber einmal mehr eine exzellente Besetzung. Etwas die Gräfin der US-Sopranistin Jacquelyne Wagner –sie hat einfach alles : Lyrik, Dramatik und Humor, Persönlichkeit und Wortdeutlichkeit. Kein Zufall, dass sie in der Volksoper auch schon als Traviata reüssierte. Und das gilt auch für die Susanna von Rebecca Nelsen. Die Texanerin, die über die Neue Oper Wien, ihre internationale Karriere startete, ist eine eher „resche“ Kammerzofe. Aber wenn sie die Rosenarie oder das Briefduett ansetzt, dann kommt in das herbe Timbre jene süße Schwerelosigkeit, die über Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Eine große Leistung erbringt Yasushi Hirano als Figaro. Der japanische Wahlösterreicher gilt seit Jahren als „Geheimtipp“ am Währinger Gürtel- Und er erfüllt alle Erwartungen. Spielfreudig, sympathisch und mit einer Prachtstimme ausgestattet, gehört er zu den Architekten des Premieren-Erfolges. Hier bahnt sich eine große Karriere an. Auch der Cherubin der ungarischen Mezzo-Sopranistin Dorottya Láng gehört auf die Haben-Seite dieser Produktion. Nur wenn der Page des Grafen über die nötige Erotik verfügt, kann es zu jenem „Tollen Tag“ kommen, der nach wie vor Grundlage des Textes ist. Dorottya Láng, die in Wien u.a. bei Christa Ludwig und Hilde Zadek studiert hat, bringt jedenfalls dafür alle Voraussetzungen auf die Bühne. Köstlich auch das Buffo-Paar Marcellina –Bartolo: Sulie Girardi und Stefan Cerny werten die beiden Rollen wahrlich auf und bringen sie auf Augenhöhe mit den anderen Solisten. Einzig der Graf des deutschen Baritons Konstantin Wolff schien durch eine ansteigende Indisposition beeinträchtigt . Als eitler Schönling-Typ war er aber ebenfalls ideal besetzt. Und das allgemeine Wohlwollen bescherte ihm zuletzt einen großen Erfolg. Hinreißend in seiner skurrilen Spielfreude (samt Belcanto-Vortrag) auch der Basilio des Paul Schweinester, eine Charakterstudie der „versoffene“ Antonio des Martin Winkler und seine bildhübsche Nichte Barbarina – Mara Mastalir.

Alles in allem – die Volksoper hat eine neue Attraktion, der junge deutsche Dirigent des Abends Dirk Kaftan bringt das Volksopern-Orchester samt Volksopern-Chor zu Höchstform und das Regietheater kann auch höchst amüsant sein. Man sollte sich diesen Figaro rasch ansehen : die Seele ist offenbar ein weites Land – das haben schon Mozart und Da Ponte am Vorabend der Französischen Revolution richtig erkannt. Und dieser Produktion kann man Kult-Status vorhersagen!

Peter Dusek

 

 

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