WIEN/ Volksoper: DIE FLEDERMAUS am 31.12.2011
Die traditionelle Fledermaus am Silvesterabend ist eine der Ausdrucksformen der Wiener Lebensfreude, die auch international sehr geschätzt wird. Deshalb ist es erfreulich, dass man sich auch in der Volksoper bei einer wunderbaren Aufführung bestens auf die Silvesternacht einstimmen kann.
Die Basis dazu wird mit dem schönen Bühnenbild der von Heinz Zednik inszenierten, unverfälschten Geschichte gelegt. Welche Wohltat nach dem von Konwitschny misshandelten „Totenhaus“ am Vortag in der Staatsoper. Die musikalische Umsetzung lag in den bewährten Händen von Rudolf Bibl, der genau weiss – und auch umsetzen kann – wie man schon nach wenigen Takten der Ouvertüre eine beschwingte, ausgelassene Stimmung produziert. Dies gelingt an diesem Abend auch so gut dank einem spritzig, gefühlvoll, „schlampig“ und exakt aufspielenden Volksopernorchester. Der hervorragende Chor lieferte den perfekten Rahmen für die festlichen und die romantischen Momente – zum Tanzen gibt es ja zum Glück andere Künstler.
Den Gesangssolisten möchte ich vorab ein großes Kompliment für die schauspieleischen Leistungen, die Spielfreude und für den Gesamteindruck ohne nennenswerten Schwachpunkt machen.
Die herausragende Persönlichkeit des Abends war Melba Ramos als Rosalinde. Ihre Interpretationen der Violetta Valerie, der Tosca, der Liu usw liessen auf eine denkwürdige Rosalinde hoffen und alle Hoffnungen wurden eindrucksvoll erfüllt. Von der herablassenden Hausfrau und Gattin, über die mit dem Seitensprung kokettierenden Frau bis zum zornigen Racheengel wurden alle Stimmungen darstellerisch und gesanglich treffend gestaltet. Sogar Ausflüge in den Wiener Dialekt waren zu hören. Der absolute Leckerbissen war aber der Csardas „Klänge der Heimat“. Von den tiefen Mezzo-Tönen bis in die höchsten Höhen eine Leichtigkeit und Stimmschönheit, wobei noch Potential für Phrasierungen, Piani und Verzierungen vorhanden war – so eindrucksvoll habe ich diese extrem schwierige Partie – an der schon viele renommierte Sängerinnen gescheitert sind – noch nie live gehört. Gratulation!
Sebastian Reinthaller sprang für den erkrankten Jörg Schneider ein und war absolut keine Notlösung sondern schauspielerisch und stimmlich ein Pluspunkt – wie auch sein Gegenspieler Dr. Falke (Dominik Köninger). Der junge deutsche Bariton liess uns eine wunderschön klingende, gefühlvolle Stimme hören, die uns sicher noch viel Freude bereiten wird. Bei Vincent Schirrmacher erahnte man schon in der Salome als Narraboth, dass er mit den heldentenoralen Zitaten keine Probleme haben wird – und so war es auch. Bernarda Bobro ist der Inbegriff des kecken Wiener Stubenmadls, sie spielt sich die Seele aus dem Leib und bringt gesanglich alles für eine überdurchschnittlich gute Gesamtleistung. Martin Winkler ist ein stimmgewaltiger Gefängnisdirektor, der aus aktuellem Anlass den Frosch zum Büroleiter befördert – ohne Ausschreibung: daran merkt man, dass man im Theater ist. Beim Orlofsky der sehr guten Heike Wessels hört man, dass diese junge deutsche Sängerin bei KS Brigitte Fassbaender gelernt hat.
Johanna Arrouas(Ida), Jeffrey Treganza (Dr. Blind) und Mamuka Nikolaishvili (Ivan) fügten sich mehr als rollendeckend in die Ensembleleistung ein. Der Herr Direktor, der „alle Rollen selbst spielt“ ist sicher derzeit der Frosch aller Frösche. Bei Robert Meyer sitzt jede Pointe und man kann über die ältesten Schmähs herzlich lachen.
Am 4.Jänner haben wir die Gelegenheit zum direkten Vergleich in der Staatsoper – in der Silvesterbesetzung. Wenn wir uns genauso gut unterhalten wie in der Volksoper, werden wir mehr als zufrieden sein.
Maria und Johann Jahnas