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WIEN/ Volksoper: DIE BRÜSTE DES TIRESIAS von Francis Poulenc

VOLKSOPER WIEN:  (in der Ottakringer Brauerei): DIE BRÜSTE DES TIRESIAS von Francis Poulenc

am 28.4.2023 (Premiere)

Unlängst hat Gesundheitsminister Rauch einen gewaltigen Shitstorm geerntet, als er von „schwangeren Personen“ sprach. Eine brandaktuellere Oper zu diesem mittlerweile völlig genderwahnsinnigen Diskurs (auch J.K.Rowling weiss ein Lied davon zu singen) lässt sich also kaum vorstellen als diese „Brüste des Tiresias“ von Francis Poulenc. Denn diese handelt davon, dass eine Frau ihr Frausein ablegt ( und „ ihre Brüste wie Luftballons davonschweben lässt „),woraufhin ihr Mann zum Weib wird und sage und schreibe nicht weniger als 40 049 allein an einem Tag wirft…

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Foto: Barbara Palffy

Dieses selten gespielte Werk des immer noch total unterschätzten Francis Poulenc (auf ein geniales surrealistisches Libretto von Guillaume Apolinnaire) hat das junge Opernstudio der Volksoper (unter der Leitung von Maurice Lenhard) nun für sein erstes Gastspiel auf dem ehemaligen Hefeboden der Ottakringer Brauerei ausgewählt.

Dem nicht so sehr bieraffinen Besucher muss dazu aber schon unbeirrbarer Wille zur Kunst innewohnen, denn schon am Ottakringer Platz schlägt ihm eine äußerst geruchsintensive Wolke von Hopfenduft entgegen, durch die er sich erst mühsam durchkämpfen muss. Der Hefeboden wiederum strahlt zwar immer noch die (wenn auch verblichene) Würde  der 19. Jhdt. – Architektur aus, andererseits ist dieses ganze Kultur-in-die-Fabrik-tragen-Pathos doch ziemlich soo was von Seventies.

Zu monieren wäre auch die Wahl der ( wenn auch von Benjamin Britten erstellten ) Fassung für zwei Klaviere. Darf man es wagen – ohne einen Shitstorm zu riskieren – zu behaupten, dass Männer nicht schwanger werden können und dass auf einem oder zwei Klavieren dargebotene Opern keine O p e r n sind? Die Volksoper hätte doch nun wirklich ein zahlreich ein zahlreiches und mehrfaches besetztes und hervorragendes Orchester zur Verfügung…und ein paar Mitglieder davon wären doch sicher frei gewesen…

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Foto: Barbara Palffy

Dies gesagt habend, erlebte man einen durchaus anregenden, interessanten und unterhaltsamen Abend. Die jungen Sängerinnen waren gesanglich und schauspielerisch mit Feuereifer bei der Sache (besonders hervorzuheben: Jaye Simmons, Maria Hegele und Kamila Dutkowa).

Was allerdings naturgemäß nicht ausschließen konnte, dass der ganzen Unternehmung ein wenig der spezielle Zauber von Konservatoriumsjahrgangsabsschlussabenden innewohnte…

Die paar wenigen de Chirico-haften Bühnenbildelemente waren ja ganz nett, warum aber die riesige desolate Hefebodenrückwand den ganzen Abend lang leer blieb, erschloss sich hingegen nicht.

Die farbenfrohen und ganz dem surrealistischen Geist verhafteten Kostüme von Christina Geiger wiederum waren eine reine Augenweide.

Lenhards Regie war fantasievoll, seine Personenführung sehr aufmerksam. Kleine Detailkritik: das langwierige Suchen im Mantel nach den Ballonbrüsten war etwas patschert gelöst, und falls es noch eine Vorstellung geben sollte, möge die Requisite der Darstellerin den Schnurrbart besser ankleben, damit sie sich ihn nicht dauernd halten muss…

Völlig verzichtbar allerdings der hinzugeschriebene Schlusssermon von Jaye Simmons in englischer! Sprache (warum eigentlich ? sie spricht doch sehr gut Deutsch…) und völlig überflüssig das Vorspiel: die Dramatisierung von Schumanns Liederzyklus „Frauenliebe – und leben“ (Feminismus und Emanzipation, jaja, wir haben schon verstanden…gähn !)

Das größte Manko dieser im Grossen und Ganzen gelungenen Produktion war jedoch, dass man kaum ein Wort dieses doch äußerst ungewöhnlichen und raffinierten Textes verstand, was dem Verständnis der Handlung klarerweise nicht wirklich zuträglich war. Liebe Volksoper, wenn ihr euch schon keinen Sprachcoach leisten wollt, so organisiert doch wenigstens Übertitel, und sei es in der Ottakringer Brauerei…Danke !

Ansonsten: Männer, macht Kinder ! müssen ja nicht gleich 40049 sein…

ps: eine besonders lobenswerte Erwähnung, wenn nicht gar einen Orden, verdient Sophie Wagner(Mitglied der Statisterie der Volksoper), die als „Statue“ nahezu den ganzen Abend unbeweglich wie ein versteinerter Fußgängerzonenmime auf einem Podest ausharren musste.Heldinnenhaft !

Robert Quitta

 

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