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WIEN/ Volksoper: ALBERT HERRING. Premiere

16.02.2014 | KRITIKEN, Oper

ALBERT HERRING – Premiere – Volksoper, 15.2.2014

(Heinrich Schramm-Schiessl)

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Antonia Pumberger, Leonid Sushon, Sarah Weidinger, Birgid Steinberger, Foto: Barbara Zeininger

Mit etwas Verspätung – das Britten-Jahr ist seit rund sechs Wochen vorbei – gibt es nun auch in Wien die Premiere einer Oper des großen britischen Komponisten. Die Volksoper entschied sich, wieder „Albert Herring“ in den Spielplkan aufzunehmen – den gab es bereits einmal und zwar in den 70er-Jahren, damals mit Adolf Dallapozza und Sena Jurinac.

Das Werk ist im Grunde eine Kammeroper für zwölf Instrumentalisten und dreizehn Sänger. Es ist wie manch anderes Werk des Komponisten eine Art Abrechnung mit den engen Moralvorstellungen der Briten und des Aufbegehrens eines einzelnen dagegen.

Die Handlung spielt in einer fiktiven englischen Kleinstadt. Dort soll jedes Jahr ein tugendhaftes Mädchen zur Maikönigin gewählt werden. Als man in einem Jahr ein solches unter der Bevölkerung nicht findet, entschließt man sich stattdessen den eher schüchternen und fest unter dem Pantoffel seiner Mutter stehenden Albert Herring zum Maikönig zu wählen. Als Albert mitbekommt, wie man eingentlich über ihn denkt, will er aus seinem bisherigen Leben ausbrechen und verschwindet, nachdem man ihn vorher am Maikönigsfest unter Alkohol gesetzt hat. Als er wieder auftaucht, erzählt er zum Entsetzen seiner Mutter und aller Honoratioren des Dorfes, dass er mit einem gestohlenen Fahrrad in den Nachbarort gefahren ist und dort das Preisgeld, das er als Maikönig erhalten hat, für die Begehung zahlreicher untugendhafter Handlungen ausgegeben hat.

 Die Aufführung ist eine Koproduktion mit dem Tiroler Landestheater in der Regie von Brigitte Fassbaender aus der Zeit, als diese dort Intendantin war. Da ich kein Reisender in Sachen Oper bin, war die Inszenierung für mich neu und gefiel mir sehr gut. In einem Art Einheitsbnenbild (Bettina Munzer), in dem durch einige Hänger und Versatzstücke die Schauplätze rasch verändert werden konnten, war für einen flotten Ablauf der Handlung gesorgt. Die Personenführung war präzise und charakterisierte die verschiedenen Typen einer spießigen englischen Kleinstadt recht gut. Die Kostüme, ebenfalls von Bettina Munzer, waren größtenteils zeitaktuell, aber das stört bei diesem Werk nicht.

 Musikalisch war die Aufführung zufriedenstellend – mit einigen Schwächen. Gerrit Prießnitz leitete das kleine Orchester umsichtig und hielt eine gute Balance zwischen rezitativischen Passagen und den melodischen Gesangsstellen. Der Sänger der Titelrolle, Hausdebutant Sebastian Kohlhepp,  verfügt über eine hübsche lyrische Tenorstimme und gestaltete die Rolle des von der Mutter unterdrückten Schüchterlings, der beschließt. aus diesem „Gefängnis“ auszubrechen, sehr symphatisch. Besonders die Szene, in dem sich bei ihm dieser Sinneswandel entwickelt, gelingt ihm sowohl stimmlich als auch darstellerisch sehr eindringlich. Weniger glücklich wurde man mit der zweiten Debutantin Barbara Schneider-Hofstetter in der zentralen Rolle der Lady Billows. Sie verfügt zwar über eine relativ dramatische Stimme – sie sang immerhin am Beginn der 2000er-Jahre in Bayreuth die Venus – wobei  allerdings gewisse Verschleißerscheinungen, besonders in der Höhe, unüberhörbar waren. Das wäre verschmerzbar, bliebe sie nicht darstellerisch völlig blass und unbedeutend. Das Liebespaar Sid und Nancy wurde von Daniel Ochoa und Dorottya Láng hübsch gesungen und gespielt. Die köstliche Studie eines verklemmten Blaustrumopfs bot Martina Mikelic als Haushälterin Florence Pike. Morten Frank Larsen (Mr. Gedge) konnte seine seit einiger Zeit bestehenden leichten stimmlichen Probleme auch an diesem Abend nicht vergessen machen und Birgid Steinberger spielte die Schulvorsteherin Miss Wordsworth zwar recht engagiert, ließ aber leider manch schrillen Ton hören. Elvira Soukop als Herrings Mutter blieb sowohl darstellerisch als auch stimmlich blass. Die übrigen Mitglieder der Dorfgesellschaft – Jeffrey Treganza (Bürgermeister) und Andrea Daum (Polizeichef) waren zufriedenstellend. Die Kinder (Antonia Pumberger, Sarah Weidinger und Leonid Sushon – allesamt Mitglieder des Kinder- und Jugendchores der Volksoper) tollten zwar sehr lebendig auf der Bühne umher, blieben insgesamt aber etwas fad.

Trotz dieser Einwände war es eine erfreuliche Wiederbegegnung mit einem Werk, daß durchaus ans Haus passt. Am Ende gab es den in der Volksoper bei Premieren üblichen Einheitsjubel.

 Heinrich Schramm-Schiessl    

 

  

 

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