WIEN / Museum für Völkerkunde:
PENACHO. Pracht & Passion
Permanenzausstellung
Das Wunderwerk aus Quetzalfedern
Früher nannte man die Kostbarkeit die „Federkrone des Montezuma“, heute bevorzugt man den Ausdruck „Penacho“, weil absolut nicht belegt werden kann, dass der letzte Aztekenherrscher den großartigen Kopfputz aus vordringlich grünen Quetzalfedern je getragen hat. Fest steht jedenfalls, dass dieses Objekt, wie immer man es auch bezeichnet, das berühmteste des Wiener Völkerkunde-Museums ist. Kein Wunder, dass es ein Anliegen des neuen Direktors Steven Engelsman war, gerade dieses Stück in seinem Haus wieder auszustellen, das erst dabei ist, nach seiner jahrelangen Schließung zu seiner früheren Großartigkeit und Reputation aufzufahren.
Von Renate Wagner
Die Federarbeiten der Azteken Der Quetzalvogel, der nur in Mittelamerika vorkommt, war den Azteken heilig. Das Männchen bildet in der Brunftzeit Schwanzfedern aus, die bis zu 80 cm lang werden können und die den Tieren ausgezupft wurden. Aus solchen erlesenen grünen Quetzalfedern wurde der Penacho angefertigt, der – wenn man zeitgenössischen Zeichnungen vertraut, die dergleichen darstellen – vielleicht als Kopfschmuck getragen, vielleicht aber auch anders als Zeremonialgegenstand gebraucht wurde. Er war jedenfalls als Beute kostbar genug, um von den Konquistadoren nach Spanien zurück geschickt zu werden, nachdem Hernán Cortés den Aztekenherrscher Montezuma II. gefangen genommen hatte. Über dessen Tod gibt es verschiedene Versionen, aber dass die Inbesitznahme seines Landes durch die spanischen Eroberer damit zu tun hat, steht außer Zweifel…
Restitutionswünsche Fast alles, was Europäer aus der Dritten Welt, aber auch aus verschiedenen archäologischen Ausgrabungen weggeschleppt haben und das heute die großen Museen der Welt schmückt, ist eine Art von „Raubgut“. Der grüne Federschmuck lag Mexiko schon deshalb besonders am Herzen, weil man selbst kein annähernd so schönes und gut erhaltenes Stück aus der Azteken-Epoche besitzt. (Das Nationalmuseum in Mexico City hat lange eine Kopie gezeigt.) Man erinnert sich an Indianertänze auf dem Heldenplatz, die die Krone zurückforderten. Österreich hat sich der Rückgabe verweigert, ist aber nun – im neuen Verständnis der Vergangenheitsbewältigung – zu einer Zusammenarbeit mit Mexiko im Rahmen der nunmehrigen Ausstellung gelangt. Dass man die Federkrone schon aus konservatorischen Gründen nicht auf Reisen schicken kann, weil sie es nicht überstehen würde, sichert dem Völkerkundemuseum zumindest vorläufig das reale Eigentum des Objekts, wenn Mexiko auch von seinen Besitzansprüchen noch nicht abgerückt ist.
Restaurierung Die Sonderausstellung für die Federkrone, die in ganzer Pracht und Schönheit solo im Zentrum eines eigenen Raums ruht, dokumentiert auch die Restaurierung des Stücks, das mit unglaublich komplizierten Techniken hergestellt wurde, für die eigene, hoch geschätzte Künstler zuständig waren. Dass es gelungen ist, Federn (und jeder Mensch weiß, wie filigran diese sind) über ein halbes Jahrtausend zu erhalten, grenzt an Unglaublichkeit (zuletzt hat man neben zahlreichen anderen helfenden Aktionen Haut und Federn von Quetzal zur Verstärkung hinzugefügt). Wien besitzt auch noch einen berühmten Federschild (rosa Hintergrund, blaues Fabeltier in der Mitte) und einen spektakulären großen Federfächer, beide in der Ausstellung zu sehen. Man hat die spezifische Kunst, mit Federn zu arbeiten, zur Zeit der Konquistadoren dann auch auf religiöse Kunstwerke angewandt. Danach ging das Wissen darum verloren.
Katalog Alles, was man über die kostbaren Objekte hinaus über den Hintergrund der „Federkrone“ wissen will, kann man in dem Katalog „Der altmexikanische Federkopfschmuck“ nachlesen, wo auch die umständliche Geschichte des Stücks nachgezeichnet ist, sobald es aus Mexiko nach Europa kam – wobei noch viele Löcher klaffen. Wie und warum der Penacho etwa den Weg von Spanien nach Innsbruck fand und wie er dann in Wien durch die Museen wanderte, ist ebenso spannend wie die peniblen Details der Restaurierung oder die Dokumentation der aztekischen Federbearbeitungs-Künste. Dass ein Stück wie dieses (Christian Feest, der vorige Direktor des Völkerkundemuseums, nannte es die „Mona Lisa der Ethnologie“) auch eine interessante, dem jeweiligen Zeitgeist angepasste Rezeptionsgeschichte hat, kann man ebenso nachlesen wie die Beziehungen zwischen Mexiko und Österreich. Ganz abgesehen vom reichhaltigen Bildmaterial, handelt es sich hier um genau die Publikation, die jedem Museum zur Ehre gereicht.
Dauerpräsentation,, täglich außer Dienstag 10 bis 18 Uhr