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WIEN / Vienna’s English Theatre: WHAT’S IN A NAME?

Das Reizwort „Adolf“

22.05.2025 | KRITIKEN, Theater

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Foto:  (c)Armin Bardel

WIEN / Vienna’s English Theatre:
WHAT’S IN A NAME?
von Matthieu Delaporte und Alexandre de la Patellière,
in der englischen Übersetzung von Jeremy Sams
Premiere:  21. Mai 2025 

Das Reizwort „Adolf“

Die Geschichte des ominösen Namens Adolf, die sich Matthieu Delaporte und Alexandre de la Patellière ausgedacht und 2010 in Paris sensationell erfolgreich uraufgeführt haben, hat uns schon mehrfach erreicht. In der französischen (2012) und in der deutschen Verfilmung (2018) sowie 2019 in den Josefstädter Kammerspielen, stets unter dem Titel „Der Vorname“. Wobei die Frage, ob man heutzutage ein Kind „Adolf“ nennen kann, in Deutschland und Österreich natürlich die größte Brisanz hat.

Dass es auch in England funktioniert, beweist die englische Fassung, die nun unter dem Titel „What’s in a Name?“ (zu Deutsch ungefähr: Was hat ein Name zu bedeuten?) in Vienna’s English Theatre heraus kam. Auch dort wäre die Idee, ein Kind quasi nach Hitler zu benennen, bei politisch korrekten Intellektuellen eine Provokation. Nur dass die Zentralfigur Vincent bei einem Abendessen mit dieser Geschichte eigentlich nur Schwester, Schwager und besten Freund frotzeln und ärgern will, was ihm vollinhaltlich gelingt. Da fliegen in der Hitze des ideologischen Gefechtes schon die Fetzen, wobei man bis zur Pause dennoch nur Diskussions-Boulevard geboten bekommt.

Wenn nach der Pause die Emotionen ausreichend hoch gekocht sind, dass die zivilisatorische Tünche abblättert, wird es auf persönlicher Ebene eigentlich erst interessant. Denn jetzt sagt jeder jedem, was er wirklich von ihm hält (und das ist nie freundlich), da werden unaufgearbeitete Erlebnisse aus der Kindheit hervor geholt, da zerlegt man einander charakterlich, da enthüllen sich auch Geheimnisse, die explosionsartigen Charakter haben. Kurz, nach der intellektuellen Abhandlung wird es menschlich lebendig. 

Regisseur Philip Dart hat sein Darsteller-Quintett ausgezeichnet geführt. Im Zentrum steht Vincent, der Provokateur, der zu Beginn und am Ende auch als Erzähler der Geschichte fungiert. Thomas Wingfield macht das elegant, bekommt aber auch seine Schläge ab. Wenn auch nicht so viele wie sein Schwager Peter (Alex Boorman), der intellektuell und menschlich Federn lassen muss. Die schönste Szene des Abends kommt von Carl, dem Freund der Geschwister, wenn er ihnen erzählen muss, dass er ein Verhältnis mit ihrer Mutter hat… Anthony Glennon gestaltete das so berührend, dass das ganze Haus spürbar den Atem anhielt.

Menschlich besser als die Herren der Schöpfung kommen die Frauen weg, Anna, die schwangere Freundin von Vincent, als die Dannie Harris sympathisch souverän regulierend agiert, und schließlich Lizzie, die Schwester von Vincent, Frau von Peter und beste Freundin von Carl. Sie ist anfangs ganz in die Frauenrolle gedrängt, muss kochen und servieren, kochen und servieren, gelegentlich beschwichtigen und am Rande bleiben. Als ihr aber der Kragen platzt und man erfährt, dass sie als eigentliche Intellektuelle der Familie in die Frau-und-Mutter-Rolle abgedrängt wurde, unbedankt mit einem egoistischen Mann und Kindern belastet, da erntete Daphne Kouma für ihren Ausbruch verdient Szenenapplaus.

Da ist es am Ende gar nicht mehr um „Adolf“ gegangen, der hier vor allem als Komödienaufhänger fungiert. Dem Publikum hat es sehr gefallen.

Renate Wagner

 

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