Fotos: Vienna’s English Theatre/ Armin Bardel
WIEN / Vienna’s English Theatre:
THE EFFECT von Lucy Prebble
Premiere: 10. September 2025,
besucht wurde die Voraufführung
Das unheilige Experiment
Sind Psychiatrie und Psychoanalyse wirklich die „Cinderella“ der Medizin, oder findet alles Entscheidende im Gehirn statt und ist folglich das Wichtigste am Menschen? Und – kann dieses Gehirn beeinflusst, verändert, manipuliert werden? Keine Frage, dass bei Experimenten vor allem der Pharma-Industrie und auch der Medizin das immer wieder versucht wird. Offenbar hat Autorin Lucy Prebble mit „The Effect“ ein wichtiges und auch aktuelles Thema angegriffen (ungeachtet dessen, dass ihr Stück schon dreizehn Jahre alt ist)..
Leider lässt die Ausführung der Problematik, wie die Produktion in Vienna’s English Theatre beweist, einiges zu wünschen übrig. Das Vier-Personen-Stück bietet zwei junge Leute, die sich des Geldes wegen für eine klinische Studie zur Verfügung gestellt haben. Hier sollen Mittel gegen Depressionen getestet werden. Auf der anderen Ebene geht es um die Ärztin, die die Untersuchung durchführt, und den ihr übergeordneten Professor. Also die Opfer und die „Täter“, die ziemlich gewissenlos mit Menschen herumfuhrwerken…
Conny und Tristan, die jungen Leute, werden parallel behandelt. Gemeinsames Schicksal verbindet, abgesehen davon, dass sie (mit Ausnahme der Ärztin) für einander ihre einzigen Ansprechpartner sind. Dass man sich solcherart in eine totale Verwirrung der Gefühle stürzt, ist glaubhaft, inklusive der essentiellen Frage, ob man durch die Medikamente noch man selbst ist? Kann man sich selbst und dem anderen vertrauen? Bloß: Die schier endlosen, zweifelnden Auseinandersetzungen der beiden drehen sich im Kreis, erzählen immer dasselbe, ermüden und langweilen manchmal sogar. Und außerdem führt die Autorin das Schicksal der beiden zu einem zutiefst unbefriedigenden Ende.
Weitaus interessanter sind die Personen auf der anderen Ebene. Da ist die Ärztin, von der man später erfährt, warum das Experiment für sie persönlich wichtig ist, die ein Verhältnis mit dem Professor hatte und von ihm fallen gelassen wurde. Ob sie auch ein Opfer der Manipulation ist, stellt sich heraus. Und was bewegt den Professor zwischen nüchternem Interesse an dem Fall und dann doch auch menschlicher Anteilnahme? Jedenfalls geht die Geschichte auf dieser Ebene überzeugender aus.
Regisseurin Adrienne Ferguson kann in einer praktischen Ausstattung von Fraser Lappin nicht mehr bieten, als das Stück her gibt., Tor Lighten und Gwithian Evans setzen ihre Frische und ihre Jugend ein, aber sie drehen sich im Kreis. Eleanor Cummings ist als Ärztin so bedrückt, wie es ihre Rolle verlangt, und so kann Lucas Hare als der Kopf des fragwürdigen Experiments die interessantesten Akzente setzen. Wenn man auch am Ende nicht wirklich weiß, worauf die Autorin eigentlich hinaus wollte.
Das Publikum dankte dem Schauspieler-Quartett sehr herzlich für seinen Einsatz für ein doch recht löchriges Stück.
Renate Wagner