WIEN / Vienna’s English Theatre:
SHERLOCK HOLMES: THE SIGN OF THE FOUR
nach Arthur Conan Doyles Roman in einer Adaption von Philip Dart
Premiere: 6. November 2024.
besucht wurde die Voraufführung
Mehr Hetz als Handlung
Er ist einer der berühmtesten Detektive der Welt und hat von den originalen Romanen bis zu den jüngsten modernistischen Fernseh-Verfilmungen mit Benedict Cumberbatch viele Wandlungen erlebt. Mit Sherlock Holmes kann man vieles machen, und Vienna’s English Theatre hat vor zwei Jahren dessen berühmte Geschichte des Hundes von Baskerville hoch erfolgreich auf die Bühne gebracht. Damals hieß der Autor Ken Ludwig, ein Routinier („Othello darf nicht platzen“), der ein von wenigen Schauspielern in vielen Rollen auszuführendes Konzept von Slapstick-Unsinn entwickelte, das höchst gefiel. Philip Dart führte damals Regie, und offenbar hat er überlegt, dass er dergleichen auch selbst machen kann: Keine Frage, er kann.
Er hat sich nur leider mit „Das Zeichen der Vier“ nicht unbedingt den wirkungsvollsten Roman der Sherlock-Holmes-Serie ausgesucht. Da kommt eine Miß Mary Morstan zu Holmes (und natürlich Dr. Watson, den er immer im Schlepptau hat), weil ihr aus Indien zurückgekehrter Vater verschwunden ist. Bald stellt sich heraus, dass er einen Schatz aus Indien mitgebracht hat, für den heftig gemordet wird, während sich Holmes auf dessen Spuren setzt – und am Ende darf sein heftig verliebter Dr. Watson Mary heiraten…
Also, besonders klar (und auch spannend) wird das Geschehen nicht, aber es ist immer lustig. Der Theaterabend lebt nicht von der Handlung, sondern vom Handwerk, dem Theaterhandwerk nämlich, das Philip Dart hier wieder einmal zu einem vergnüglichen Höhepunkt treibt.
Der Abend wird von fünf Darstellern bestritten, Sherlock Holmes und sein unverzichtbarer Dr. Watson, sowie eine Dame und zwei Herren, die alle anderen Rollen übernehmen, virtuos in der Verwandlung, nicht nur in Kostümen und Perücken (der Wechsel erfolgt oft in gefühlter Sekundenschnelle), sondern auch in Sprache und Haltung. Heftig wird in Slapstick gezappelt, und zwischendurch wird versucht, das brillante Hirn von Mr. Holmes arbeiten zu lassen…
Neben dem schlaksigen Holmes von Thomas Wingfield ist der drollige Dr. Watson von Anthony Glennon besonders liebenswert (und im übrigen der exakteste Sprecher des Abends). Christina Baston zeigt, dass sie nicht nur eine feine Dame sein kann, sondern bei Bedarf auch köstliche alte Vetteln spielt. Und Michael Stafford Wells und Dominic Brewer spielen eine exzentrische Figur nach der anderen, zur Not auch einen Hund…
So weiß man am Ende vielleicht nicht zu sagen, was es mit dem „Zeichen der Vier“ eigentlich auf sich hat, wohl aber, dass Theater, das so viel kann und so leichtfüßig daher kommt, ein zufriedenes Publikum findet.
Renate Wagner